Gepard in der Savanne
Geparde beherrschen viele Laute, um miteinander zu kommunizieren. Unter anderem produzieren sie ein hohes Zwitschern, das wie der Ruf eines Vogels klingt. Warum machen sie das? © Anton Baotic

Die sĂŒdafrikanische Savanne brĂŒtet unter der prallen Sonne. Der Wind streift durch das hohe Gras und zwischen den wenigen BĂ€umen hindurch, die Schatten spenden. Vögel schwirren umher und zwitschern lauthals. Doch nicht alles ist so, wie es scheint. Zwischen den vertrauten Vogelstimmen versteckt sich ein Ruf, der zu einem ganz anderen, viel grĂ¶ĂŸeren Tier gehört – dem Gepard.

So in etwa kann man sich die Szenerie an einem Feldforschungstag von Angela Stöger vorstellen. Sie ist Biologin in leitenden Positionen an der UniversitĂ€t Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und beforscht seit ĂŒber einem Jahrzehnt, welche GerĂ€usche SĂ€ugetiere produzieren und wie diese mit ihrem Verhalten zusammenspielen.

Quietschen und Infraschall

„Ich habe mich immer schon dafĂŒr interessiert, wie SĂ€ugetiere kommunizieren“, erinnert sich Stöger. Nach einem Studium an der UniversitĂ€t Wien promovierte sie zum Thema der akustischen Kommunikation von Elefanten. Seitdem untersucht Stöger zusammen mit ihrem Team, wie und wieso insbesondere Elefanten Laute produzieren.

„Elefanten können eine Vielzahl von GerĂ€uschen machen“, erklĂ€rt die Wissenschaftlerin. „Von einem hohen Quietschen bis zu einem tiefen Grollen, das bis in den Infraschall reicht.“ Infraschall bezeichnet Töne, die so tief sind, dass Menschen sie nicht mehr wahrnehmen können. Doch Elefanten können sie hören und damit ĂŒber weite Strecken kommunizieren.

Stöger untersucht, wie genau die Elefanten diese Laute erzeugen. „Mit einer akustischen Kamera, die mittels mehrerer Mikrofone die Quelle eines GerĂ€usches finden kann, können wir sehen, wo genau die Laute produziert werden. Damit haben wir zum Beispiel gezeigt, wie die Tiere Luft zwischen ihre Lippen oder durch ihren RĂŒssel pressen, um bestimmte Laute zu erzeugen.“

Elefant in Afrika
Elefanten können eine Vielzahl von GerĂ€uschen machen. Eine akustische Kamera zeigt, wo genau die Laute von Elefanten entstehen. So entdeckten die Forschenden, dass die Tiere Luft zwischen ihre Lippen oder durch ihren RĂŒssel pressen, um zu kommunizieren. © Angela Stöger

Doch die Forschenden gaben sich nicht damit zufrieden herauszufinden, wie die Tiere die Laute erzeugen. Sie wollten auch wissen, wie sie auf ihre eigene „Sprache“ reagieren. Stöger und ihr Team spielten daher Elefanten in der Wildnis ihre Aufnahmen vor. „Wir konnten zeigen, dass Elefanten Laute, die sie hören, nachahmen – also vokal lernen – können.“ Vokales Lernen kennt man von Kleinkindern, die Wörter nachahmen, doch im Tierreich ist es eine Besonderheit. Die Forscher:innen zeigten sogar, dass einzelne Elefantengruppen eigene „Dialekte“ in ihrer Kommunikation haben und sich so mittels Infraschall ĂŒber weite Distanzen gegenseitig erkennen können.

Ausgestattet mit diesem breiten Schatz an Erkenntnissen und Erfahrungen, widmen sich Stöger und ihr Team nun in ihrem neuen vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Forschungsprojekt einem anderen SÀugetier: dem Gepard.

TĂ€uschende Laute

„Ich habe schon vor zwanzig Jahren angefangen, mich mit Geparden zu beschĂ€ftigen“, sagt Stöger. „Diese Tiere produzieren viele Laute – unter anderem ein hohes Zwitschern, das genauso wie der Ruf eines Vogels klingt –, um miteinander zu kommunizieren. Ich habe mich schon damals gefragt, wieso sie das machen.“

Dieses Gezwitscher ist der höchste Laut, den Geparde erzeugen können. Eine plausible ErklĂ€rung könnte sein, dass sie sich damit tarnen, um in der GerĂ€uschkulisse der Savanne nicht aufzufallen. Geparde sind zwar formidable JĂ€ger, jedoch mĂŒssen sie sich vor anderen Raubtieren in Acht nehmen. Bis zu 70 Prozent der Jungtiere werden von HyĂ€nen und Löwen getötet. „Selbst wenn ich diese Rufe meinen Kolleg:innen aus der Verhaltensbiologie vorspiele, können sie diese kaum von Vogelrufen unterscheiden“, fĂŒgt Stöger schmunzelnd hinzu.

Gepardengezwitscher

Tarnen sich Geparden, indem sie Laute von sich geben, die sich von Vogelgezwitscher nicht unterscheiden lassen? Grund dazu hÀtten sie. Immerhin werden bis zu 70 Prozent ihrer Jungtiere von HyÀnen und Löwen getötet.

Feldforschung in der Kalahari-WĂŒste

„Im FrĂŒhjahr 2024 werden wir in die Kalahari-WĂŒste fahren, um zu untersuchen, wie weit diese Rufe in der dortigen Umgebung hörbar sind, und um deren Effekt auf andere Tiere zu testen“, erklĂ€rt Stöger. Um die Gepardenlaute genauer zu verstehen, werden die Forschungsteams sie zu verschiedenen Tageszeiten und unter verschiedenen Wetterbedingungen abspielen und messen, in welchen AbstĂ€nden sie noch hörbar sind. Außerdem wollen sie herausfinden, ob Löwen und Antilopen diese GerĂ€usche erkennen und darauf reagieren. Ihre Erkenntnisse wĂŒrden nicht nur das VerstĂ€ndnis dieser Großkatzen vertiefen, sondern könnten Nationalparks und Zoos auch bei der ZĂŒchtung von Geparden helfen, die als gefĂ€hrdet gelten. Stöger fĂŒgt hinzu: „Ich freue mich schon sehr auf die nĂ€chste Feldreise. Tiere in der freien Wildbahn zu sehen, ist immer etwas ganz Besonderes.“

Zur Person

Angela Stöger habilitierte an der UniversitĂ€t Wien zu Verhaltens- und Kognitionsbiologie und ist Leiterin des vom Wissenschaftsfonds FWF unterstĂŒtzten Mammal Communication Lab, das seit Kurzem am Institut fĂŒr Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angesiedelt ist. Sie ist auch Teil des FWF-geförderten Doktoratsprogramms „Communication and Cognition“ der UniversitĂ€t Wien und der VeterinĂ€rmedizinischen UniversitĂ€t Wien. 2023 brachte Stöger das Buch „Elefanten – Ihre Weisheit, ihre Sprache und ihr soziales Miteinander“ heraus, das auf der Shortlist fĂŒr das Wissenschaftsbuch des Jahres 2024 gelistet wurde.