Für viele junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter ist die Postdoc-Zeit eine heikle Phase. © Shutterstock, Inc.

Gerade am Beginn ihrer Karriere ist es für aufstrebende Wissenschafterinnen und Wissenschafter besonders wichtig, Förderungsmöglichkeiten zu nützen, um eigene Projektideen zu verwirklichen und sich dem Wettbewerb um Forschungsgelder zu stellen. Ein nach Abschluss der Doktorarbeit selbstständig eingeworbenes Drittmittelprojekt bietet jungen Forscherinnen und Forschern die Chance, ein eigenständiges Forschungsprofil zu entwickeln und so den Grundstein für eine erfolgreiche Wissenschaftskarriere zu legen. Die Postdoc-Zeit bietet viele Freiräume und Möglichkeiten, ist aber gleichzeitig auch eine besonders heikle Phase, die junge Menschen im Wissenschaftsbetrieb in einen Zustand der Ungewissheit führen kann. – Und zwar dann, wenn sich die Zeit nach der Promotion als Übergangsphase unbestimmter Dauer und unbestimmten Ausgangs auf Basis befristeter Anstellungen entpuppt.  – Das bedeutet, dass sich hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über viele Jahre von Projekt zu Projekt hangeln, ohne dass sich dabei eine längerfristige Karriereperspektive entwickeln würde. An diesem Punkt sind Förderungsorganisationen wie der Wissenschaftsfonds FWF in der Pflicht, den vielversprechendsten Nachwuchsforscherinnen und -forschern gezielt mit Karrierefördermaßnahmen unter die Arme zu greifen. Zwar können Förderungsorganisationen keine unbefristeten Stellen vergeben. Sie können aber dazu beitragen, den Postdocs das notwendige Rüstzeug für eine erfolgreiche Karriere mit auf den Weg zu geben. Welche Ansätze sind hier besonders wichtig,  und wie kann sichergestellt werden, dass die Maßnahmen auch wirken?

Förderangebote verbessern

Vernetzung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Schlagwort, nicht nur wenn es um die Karrieren einzelner Forscherinnen und Forscher geht, sondern auch was die erfolgreiche Arbeit von Förderungsorganisationen anbelangt. Als Mitglied von Science Europe beteiligen wir uns seitens des FWF an verschiedenen Initiativen dieses Verbands europäischer Forschungs- und Förderungsinstitutionen. Konkret hat eine Arbeitsgruppe zum Thema „Forschungskarrieren“ vor Kurzem die Förderungsmöglichkeiten für Postdocs bei den Mitgliederorganisationen von Science Europe durchleuchtet und herausgearbeitet, wie das Förderangebot weiter verbessert werden kann (http://scieur.org/postdoc-survey). Dabei stellten sich die folgenden Themen als wichtige Ansatzpunkte sowohl für Forschungsinstitutionen als auch für Fördergeber heraus:

  • Verbesserung der Arbeitsbedingungen
  • Mentoring und Networking
  • Flexibilität
  • Anrechenbarkeit von Trainingskosten
  • Einbeziehen der Genderthematik
  • Einfluss der Forscherinnen und Forscher auf die Programmgestaltung
  • Evaluation der Effekte von Fördermaßnahmen
  • Schaffen von Voraussetzungen für unbefristete Anstellungsmöglichkeiten

Im FWF arbeiten wir laufend an der Weiterentwicklung von Maßnahmen, die junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf ihrem Karriereweg unterstützen. So konnten in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Punkte umgesetzt werden, deren Auswirkungen für die geförderten Personen konkret erfahrbar sind, wie etwa die Ergänzung des Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendiums durch Kinderpauschalen und Pensionsbeiträge sowie die  Finanzierungsmöglichkeit einer Rückkehrphase im Rahmen dieses Mobilitätsprogramms.

„Wir arbeiten laufend an der Weiterentwicklung von Maßnahmen.“ Barbara Aichmayer

Flexibilität zur Anpassung an unterschiedliche Bedürfnisse trägt dazu bei, die bestmöglichen Voraussetzungen für erfolgreiche Forschungsarbeit zu schaffen. In begründeten Fällen kann beispielsweise ein Antrag auf einen Wechsel der Forschungsstätte gestellt werden. In den Karriereprogrammen gibt es außerdem die Möglichkeit von Projektunterbrechungen für Elternkarenz und anschließender Teilzeitarbeit.

Frauenförderung, Netzwerke und Evaluation

Barbara Aichmayer ist Programm-Managerin und wissenschaftliche Projektbetreuerin beim FWF.

Als ein weiterer zentraler Aspekt hat sich das gezielte Ansprechen und Sichtbarmachen von Frauen in der Wissenschaft erwiesen. Zum einen ermutigen wir mit den Programmen Hertha-Firnberg und Elise-Richter Frauen zur Einreichung von Projekten. Zum anderen tragen etwa die feierlichen Verleihungen der Stellenurkunden zur Wahrnehmung in der Öffentlichkeit bei und bieten eine gute Möglichkeit der Vernetzung und des Austauschs zwischen jungen und etablierten Wissenschafterinnen. Netzwerkaktivitäten fördern auch die Coaching-Workshops und Informationsveranstaltungen des FWF, die laufend angeboten werden. Dabei bringen die Antragstellerinnen und Antragsteller neben Fragen auch Anregungen zur Verbesserung von Förderprogrammen ein.

„Evaluierungen bilden die Basis zur Weiterentwicklung unserer Förderprogramme.“ Barbara Aichmayer

Evaluierungen, im Rahmen derer die Effekte unserer Fördermaßnahmen analysiert werden, bilden die zentrale Basis zur Weiterentwicklung der Förderprogramme des FWF. Ein Beispiel für die erfolgreiche Erweiterung eines Förderprogrammes nach einer Evaluation stellt die Rückkehrphase nach einem Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium dar. Für viele Jungforscherinnen und Jungforscher, die noch keine feste Anstellung haben, bietet diese eine wertvolle Chance, sich wieder in die österreichische Forschungslandschaft zu integrieren. Außerdem trägt die Maßnahme dazu bei, das im Ausland erworbene Know-how für österreichische Forschungsstätten nutzbar zu machen.

Lise-Meitner neu

Auch bei der Überarbeitung des Mobilitätsprogramms Lise-Meitner, dessen neue Richtlinien seit 1. Februar 2017 wirksam sind, spielten Aspekte der Karriereentwicklung eine entscheidende Rolle. Das Lise-Meitner-Programm wendet sich nun sowohl an ausländische Wissenschafterinnen und Wissenschafter (Stichwort Brain Gain und Incoming) als auch an jene Forscherinnen und Forscher, die Österreich verlassen haben und nach einem längeren Auslandsaufenthalt ab vier Jahren eine neuerliche Anbindung an eine österreichische Forschungsstätte suchen (Stichwort Reintegration). Seit 1. Februar stehen durch die Neuausrichtung des Lise-Meitner-Programms zudem Mittel für Coaching- und Personalentwicklung zur Verfügung, wie das auch bei den Frauenförderprogrammen und bei der Rückkehrphase im Rahmen des Erwin-Schrödinger-Stipendiums der Fall ist. Der oder die  Mitantragsteller/in fungiert, wie auch bei Hertha-Firnberg, als Mentor/in. Dabei steht neben der Unterstützung bei der Durchführung von Forschungsarbeiten auch die Karriereentwicklung der Projektleiterinnen und -leiter im Mittelpunkt.

„Zukünftige Herausforderungen können nur in intensiver Zusammenarbeit zwischen Förderern und Institutionen gemeistert werden.“ Barbara Aichmayer

Feedback der Community

Neben Evaluierungsergebnissen und internationalen, vergleichenden Studien stellen nicht zuletzt die Erfahrungen der Wissenschafterinnen und Wissenschafter eine wichtige Quelle für die Optimierung der Forschungsförderung im FWF dar. Die Scientific Community ist in allen Gremien des FWF vertreten, siehe http://www.fwf.ac.at/de/ueber-den-fwf/organisation/. Darüber hinaus haben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FWF-Geschäftsstelle eine berufliche Laufbahn im Wissenschaftsbetrieb absolviert. Als ehemalige Grundlagenforscherin kann ich bestätigen, dass die eigenen Erinnerungen an spannende Projekte und Kooperationen ebenso wie an administrative Hürden äußerst hilfreich sind, um die Anliegen unserer Fördernehmerinnen und Fördernehmer konkret nachzuvollziehen und ihnen beratend zur Seite zu stehen. Zukünftige Herausforderungen, wie etwa entsprechende Voraussetzungen für Anstellungen hochqualifizierter Wissenschafterinnen und Wissenschafter zu schaffen, die über die Dauer der Förderung hinausgehen, können nur in einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Forschungsförderungs- und Forschungsinstitutionen gemeistert werden. Darüber hinaus kann der FWF als Förderungsorganisation dazu beitragen, Postdocs auf ihrem individuellen Karriereweg bestmöglich zu unterstützen. Dies geschieht, in dem wir Freiräume für Forschung und Gelegenheiten für Kooperationen und internationalen Erfahrungsaustausch schaffen.  Darüber hinaus bieten wir Möglichkeiten für Netzwerkaktivitäten und Mentoring und stellen in unseren Karriereförderprogrammen auch Mittel für Coachings und Personalentwicklung zur Verfügung. Werden diese Chancen genützt, um ein eigenständiges Forschungsprofil aufzubauen, international sichtbar zu publizieren und erfolgreiche Kooperationen zu etablieren, so entsteht daraus ein entscheidender Wettbewerbsvorteil bei Bewerbungs- und Berufungsverfahren. Angesichts der angespannten Lage am Stellenmarkt in Wissenschaft und Forschung ist es für Postdocs umso wichtiger, solche Chancen wahrzunehmen –, damit der Weg nicht ins Ungewisse, sondern zur Verwirklichung der eigenen Karriereziele führt.


Barbara Aichmayer ist Programm-Managerin und wissenschaftliche Projektbetreuerin in der Abteilung „Strategie – Karriereentwicklung“ des Wissenschaftsfonds FWF. Als Grundlagenforscherin widmete sie sich am Max-Planck-Institut in Potsdam biologischen Materialien wie Muschelschalen und Knochen.


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