Junger Neurowissenschatler mit dunklen Haaren und Bart, T-Shirt lehnt am Eingang seines Forschungsinstitut neben einer roten Tafel
Schrödinger-Stipendiat und Neurowissenschaftler Elie El Rassi unterwegs forscht am Donders Institut in Nijmegen. © privat

Internationale Erfahrung zu sammeln, gilt in meinem Fachgebiet als unverzichtbar. Die Fähigkeiten, Erfahrungen und Kontakte, die man braucht, um als Neurowissenschaftler:in erfolgreich zu sein, lassen sich nicht an einem einzigen Ort erwerben. Deshalb hatte ich bereits während meiner Promotion in Salzburg geplant, mich für ein Postdoc-Stipendium am Donders-Institut in Nijmegen, Niederlande, zu bewerben. Zu Beginn meiner Zeit im Ausland stellte ich überraschenderweise fest, dass sich dort kaum etwas von meinen Erfahrungen in Österreich unterscheidet. Vielleicht auch, weil die Lockdowns während der Coronapandemie in allen europäischen Ländern ähnlich aussahen.

Mein Schrödinger-Projekt zielte darauf ab, eine neuronale Signatur für Entscheidungsfindung zu definieren. Das erfolgt auf Grundlage elektrophysiologischer Signale, die sowohl im menschlichen Gehirn als auch in jenem des Affen aufgezeichnet werden. Sogenannte „Hirnrhythmen“ sind periodische Elemente der Hirnaktivität, die als Marker für kognitive Funktionen und Dysfunktionen angesehen werden können. Das ultimative Ziel ist es, herauszufinden, wie genau sie mit den Mechanismen des Gehirns zusammenhängen, vom Feuern der Neuronen bis hin zum Nachdenken darüber, was man zum Mittagessen kochen soll.

In meiner Forschung konzentrierte ich mich bezüglich der Frage, wie wir Menschen Entscheidungen treffen, auf Betawellen. Während meiner Zeit im Ausland entwickelte ich ein Rahmenkonzept, nach dem wir Gehirnrhythmen als Radiowellen betrachten können, die Informationen von einem Knotenpunkt im Gehirn zu einem anderen übertragen.

Junger Forscher steht im Labor neben einem Neuro-Imaging-Gerät
Mit dem Magnetoenzephalographen (MEG) misst Elie Rassi Gehirnaktivitäten in zeitlich hoher Auflösung. © privat

Neurowissenschaftliche Spitze am Donders-Institut

Eine Voraussetzung, für die Wahl meines Forschungsaufenthalts war die Ausrichtung des Instituts auf mein Forschungsgebiet. Die Entscheidung für Donders fiel schließlich leicht, da es nur wenige Forschungseinrichtungen in Europa gibt, die das nicht invasive Untersuchungsverfahren der Magnetoenzephalographie (MEG) anwenden und die teuren und komplexen Geräte dafür besitzen.

Das Donders-Institut ist bekannt für die Entwicklung der Werkzeuge, die in meinem Forschungsgebiet der Gehirnrhythmen verwendet werden, darüber hinaus sind einige Forschende, deren Arbeit ich bewundere, dort tätig. Es widmet sich der Neurowissenschaft, ist teilweise unabhängig von anderen Fakultäten der Radboud-Universität und hat eine größere wissenschaftliche Community als mein Heimatinstitut in Salzburg. Das bedeutet, dass es mehr – und häufigere – Gelegenheiten gibt, von führenden Forscher:innen auf diesem Gebiet zu lernen und sich mit ihnen zu vernetzen.

Stadtbild mit Eisenbahnbrücke und dem Fluss Waal von Nijmegen
Nijmegen, 90 km südöstlich von Amsterdam, ist die älteste Stadt der Niederlande. Vom Stadtzentrum aus ist man schnell am grünen Ufer der Waal. © Joran Quinten/unsplash

Wissenschaft und Politik – neue Begegnungen

Als Nichteuropäer sehe ich im Allgemeinen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen den verschiedenen Kulturen. Dennoch habe ich festgestellt, dass die Studierenden in Nijmegen – der ältesten Stadt der Niederlande – politisch aktiver sind als jene in Salzburg. Dies zeigte sich besonders deutlich in der Protestbewegung Studierender, die von der Universität forderten, die Beziehungen zu Institutionen abzubrechen, welche möglicherweise zu Kriegsverbrechen beitragen. Dies war vermutlich auch einer der Gründe, warum ich mich in Nijmegen stärker in das Leben außerhalb der Arbeit einbrachte und so viele Freund:innen kennenlernte. Eine weitere Möglichkeit, Freundschaften zu schließen, bot mir die Musik, da es in Nijmegen eine lebendige Musikszene für „Alternative Underground“ gibt.