7T-Scanner liefert prÀzise Landkarte der GehirnaktivitÀt

Wer im Zuge einer Operation in das menschliche Gehirn schneiden muss, hat besser eine genaue Landkarte dabei. Das Denkorgan ist stark durchblutet, dicht in Furchen und GrĂ€ben gepackt und verdrahtet lebenswichtige Körper- und Geistesfunktionen in funktionellen Arealen. Um eine prĂ€zise Karte zu erstellen, werden Patientinnen und Patienten mit funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) vermessen. Ihr Gehirn wird â vereinfacht gesprochen â bei verschiedenen Aufgaben in kurzen AbstĂ€nden aufgenommen und die AktivitĂ€t entlang der drei Raumachsen verortet. So soll sichergestellt werden, dass beim Entfernen erkrankten Gewebes lebenswichtige Areale fĂŒr Motorik, Sprache und GedĂ€chtnis verschont bleiben. Aus dem Zusammenspiel von Mensch und Maschine ergeben sich Verzerrungen, die korrigiert werden mĂŒssen, damit Gehirn-Anatomie und -Funktion wie Schablonen zusammenpassen.
Hochempfindlich in jeder Hinsicht
Aktuell kommen Tomographen zum Einsatz, deren Magnetfeld 3 Tesla stark ist. Die nĂ€chste Generation Ultra-Hochfeld-Scanner mit 7 Tesla (7T) wird aber bereits erprobt: â7T-Scanner lösen Signale noch höher auf und geben mehr Kontrast. Sie sind aber auch anfĂ€lliger fĂŒr Verzerrungen, welche die funktionelle Bildgebung verfĂ€lschen. Um also die Vorteile von 7T auszuspielen, mĂŒssen wir zunĂ€chst die Probleme von 7T lösenâ, beschreibt Projektleiter Simon Robinson die Ausgangslage fĂŒr ein Forschungsprojekt an der Medizinischen UniversitĂ€t Wien (MUW), das vom Wissenschaftsfonds FWF unterstĂŒtzt wurde. Ăsterreichs einziger 7T-Scanner, einer von weltweit 50 StĂŒck, steht seit 2008 im High Field MR Centre der MUW. Mit der höheren Magnet-FeldstĂ€rke kann die Gehirnfunktion schneller und mit höherer Auflösung abgebildet werden: âSo können wir etwa erkennen, ob sich das Sprachzentrum durch einen Tumor verschoben hat. Leider nehmen Verzerrungen des Magnetfelds durch Knochen, Gewebe oder Luft ebenfalls zu. Das wirkt sich auf die funktionellen Bilder ausâ, beschreibt der Projektleiter von der UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Radiologie und Nuklearmedizin im GesprĂ€ch mit scilog. Ohne Bildkorrektur wĂŒrden funktionelle Areale nicht genau genug in der Anatomie verortet.

Individuelle Vermessung
In dem Projekt konnte die KliniknĂ€he als Vorteil ausgespielt und ĂŒber interne und externe Projektpartner Expertise in Physik, Programmierung, klinischer fMRT und Neurologie eingebunden werden. Das Team um Simon Robinson arbeitete bei der Entwicklung einer Methode zur 7T-Bildkorrektur mit Menschen, die entweder Epilepsie oder einen Hirn-Tumor haben. Das fMRT reagiert darauf, dass körpereigene MolekĂŒle (in diesem Fall HĂ€moglobin im Blut) das Magnetfeld im Gehirn verĂ€ndern. In unzĂ€hligen Aufnahmen werden minimale VerĂ€nderungen registriert (z.B. Durchblutung, Sauerstoffverbrauch etc.) und so verortet, wo im Gehirn der Patientinnen und Patienten die Denk-Aufgaben oder motorischen Ăbungen âverarbeitetâ werden.
Neuer Standard fĂŒr fMRT-Untersuchungen
In fĂŒnfjĂ€hriger Forschung wurde ein dynamisches Bildkorrekturverfahren entwickelt, das sich als internationaler Standard fĂŒr alle fMRT-Studien eignet: fĂŒr die prĂ€operative Planung, aber auch fĂŒr Grundlagenforschung in der Neurowissenschaft. Vor Beginn der funktionellen Messungen wird der Anteil der Maschine an den Signalen genau bestimmt. Diese Korrekturfaktoren werden nach den Messungen in der Bildberechnung abgezogen. Mithilfe von 7T entsteht so eine prĂ€zise 3D-Landkarte des individuellen Gehirns, in der funktionelle Hirnareale genau mit der Gehirnanatomie zusammenpassen. Neurologinnen und Neurologen können dann entscheiden, ob eine Operation sinnvoll und möglich ist, und welche Teile des Gehirns um jeden Preis geschont werden mĂŒssen. In einem Folgeprojekt will das Team die Methode weiterentwickeln, um den bestmöglichen Einsatzort fĂŒr Sonden zur Tiefhirnstimulation bei Parkinson-Patientinnen und -patienten zu bestimmen.
Zur Person Simon Robinson, Assoziierter Professor am High Field MR Centre of Excellence der Medizinischen UniversitĂ€t Wien, beschĂ€ftigt sich mit der Entwicklung von bildgebenden Verfahren fĂŒr Ultra-Hochfeld-Magnetresonanz (7T). Er studierte Physik an der UniversitĂ€t Manchester, hat ein PhD in Kernphysik und beschĂ€ftigt sich seit 1999 mit bildgebenden Verfahren (PET und MRT).
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