Junger Postdoc in Hemd und Sonnenbrille auf eine Aussichtsplateau, trägt Bart und kurze braune Haare, New York im Hintergrund
„In New York genügt die Subway für eine Weltreise“, sagt Chemiker und Schrödinger-Stipendiat David Klingler über die beeindruckende Vielfalt der Stadt, die sich bis in das Labor zieht.
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Das „Jonesy Lab“ am Department of Chemistry der NYU ist eine multidisziplinäre Forschungsgruppe im Feld der Strukturbiologie mit einem Fokus auf dynamische Ribonukleinsäuren (RNAs). Diese Moleküle verhalten sich in der Zelle nicht wie ein starres Gerüst, sondern bewegen und falten sich kontinuierlich in komplexen Abläufen und Strukturen. Gerade diese Beweglichkeit ist es, die ihre zellulären Funktionen ermöglicht.

Dynamik viraler RNAs

Meine Forschung ist Teil eines interdisziplinären Projekts, das die Entschlüsselung der komplexen Dynamik und Struktur einer viralen RNA aus dem HI-Virus zum Ziel hat. Langfristig könnten die Ergebnisse solcher Studien neue Therapieansätze für HIV sowie andere virale Erkrankungen ermöglichen. Besonders wertvoll war für mich, dass ich meine Experimente mittels Kernspinresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie) innerhalb der Forschungsgruppe unmittelbar mit computergestützten Ergebnissen zur Molekulardynamik vergleichen und kombinieren konnte. Diese direkte, fächerübergreifende Zusammenarbeit empfinde ich als besonders fruchtbar, da so Diskussionen über die Interpretation von Ergebnissen nicht nur auf der Ebene der Arbeitsgruppenleitung, sondern vermehrt auf der Nachwuchsebene (Postdocs und PhDs) stattfinden.

Forschen ohne Grenzen

Das Schrödinger-Stipendium des FWF ermöglicht hochqualifizierten Postdocs Auslandsaufenthalte an renommierten Forschungsstätten. David Klingler beschäftigt sich an der New York University an neuen Therapieansätzen für HIV und andere Viruserkrankungen. 

 

Gruppenbild junger Forschender am Institut für Chemie der NYU
Das Team des Jonesy Lab unter der Leitung der Chemikerin Alisha Jones an der New York University. © David Klingler

Voneinander lernen lernen

Wer aus Europa an eine Universität in den USA wechselt, merkt schnell, der Kulturunterschied in der Forschung ist immanent. Dabei müsste man eher sagen, die Prioritäten sind andere: Während wir in Europa besonderen Wert auf die Fundamentalausbildung von Studierenden legen, ist in den USA das Ziel, Studierende möglichst schnell zu befähigen, eigenständig Forschungsprojekte durchzuführen. Diese extrem frühe Spezialisierung führt jedoch auch dazu, dass manchmal wichtige Grundlagen fehlen.

Wir sind es gewohnt, Experimente bis ins kleinste Detail unter Berücksichtigung aller Eventualitäten zu planen und so Risken zu minimieren. Wenig überraschend ist der Ansatz in den Staaten meist anders, hier geht probieren tatsächlich über studieren und die Risikobereitschaft ist dementsprechend höher. Gleichzeitig gibt es aber eine ganz andere Fehlerkultur: Misserfolge gehören dazu und werden auch nicht negativ bewertet. Die Wahrheit wird – wie so oft – wohl in der Mitte liegen und der internationale Austausch ist der beste Weg, diese zu finden.

Häuserzeile in New York aus den klassischen roten Backsteinen.
Ein Ausschnitt des Campus der New York University. Die Häuserzeile am Washington Square Park ist eine beliebte Filmkulisse. © David Klingler

„The city is our campus“

Das inoffizielle Motto der NYU gibt es nicht ohne Grund, schließlich liegt die Universität mitten in Greenwich Village. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es unzählige Restaurants, Bars, Comedy Clubs und im Washington Square Park finden täglich Konzerte, Kunstaktionen und Flashmobs statt. Es gibt kaum einen anderen Ort, wo es sich so vielfältig leben lässt wie in New York. Egal ob Dim Sum in Flushing, Karaoke in Korea Town, Blinis in Brighton Beach oder Rooftop-Partys in Williamsburg: Hier genügt für eine Weltreise die Subway. Und wen die Sehnsucht nach Natur und Bergen packt, der kann in den Adirondacks beim Wandern die Stille und Weite des Landes genießen.

New York City Skyline bei Nacht mit Brooklyn Bridge und Finanzdistrict
New York City Skyline mit Blick auf Brooklyn Bridge und Financial District. © David Klingler

Von Innsbrucks Beschaulichkeit direkt ins Zentrum des Big Apple – der Kontrast hätte kaum größer sein können, aber ich habe den Schritt nie bereut und profitiere jeden Tag von dieser Erfahrung.