Waldbrand in der Rax
Im Rax-Gebiet kam es im Oktober 2021 zu einem der grĂ¶ĂŸten WaldbrĂ€nde Österreichs. Ein Lagerfeuer dĂŒrfte den Brand ausgelöst haben. © Alexander Fechter/APA – picturedesk.com

Im Sommer 2018 kam es in Europa zu langanhaltender Hitze und Trockenheit und in der Folge zu zahlreichen WaldbrĂ€nden. 2019 und 2020 brannten große Teile des australischen Buschlandes ĂŒber Monate und fĂŒhrten zu zahlreichen TodesfĂ€llen, Verletzten, großem Sachschaden und starken Verlusten an Tieren und Pflanzen. VegetationsbrĂ€nde können durch Blitzschlag entstehen, durch Funken eines vorbeifahrenden Zuges, außer Kontrolle geratene Feuer oder unachtsames Wegwerfen einer Zigarette. Solche GroßbrĂ€nde stellen eine Gefahr fĂŒr die LuftqualitĂ€t, die Gesundheit, Siedlungen, Infrastrukturen und Menschenleben dar.

Gleichzeitig werden Feuer von Menschen auch gezielt eingesetzt, um WĂ€lder abzuholzen, Weiden zu erneuern oder Felder fĂŒr den Anbau vorzubereiten. Manche Pflanzen brauchen Feuer sogar, um keimen zu können. Kurzum, das Auftreten und die Ausbreitung von Feuer ist von vielen Faktoren abhĂ€ngig. „Das macht die Vorhersage so komplex und erfordert einen interdisziplinĂ€ren Ansatz“, sagt Wouter Dorigo, Leiter der Forschungsgruppe fĂŒr Klima- und Umweltfernerkundung an der Technischen UniversitĂ€t (TU) Wien. Dorigo leitet auch das vom Wissenschaftsfonds FWF kofinanzierte und auf vier Jahre angelegte Projekt „FURNACES“. In dem interdisziplinĂ€ren Grundlagenprojekt arbeiten Forschende der TU Wien und der UniversitĂ€t fĂŒr Bodenkultur (BOKU) Wien gemeinsam mit deutschen Partnern zusammen.

Mensch und Klima beeinflussen BrÀnde

Um zukĂŒnftige BrĂ€nde vorhersagen zu können, ist es wichtig, ihre Ursachen und Ausbreitungsmechanismen in der Vergangenheit und Gegenwart zu kennen. Ein Blick auf die globale Feuer-Informations-Karte FIRMS der NASA macht deutlich, welche Rolle der Mensch dabei spielt: Am hĂ€ufigsten brenne es weltweit gesehen im subtropischen Afrika, weil Halbnomaden dort trockenes Gras verbrennen, damit frisches fĂŒr ihr Vieh nachwachse, erklĂ€rt Wouter Dorigo. Landmanagement mit Hilfe des Feuers wird zumeist von Ă€rmeren Gemeinschaften praktiziert.

In reichen LĂ€ndern wie Österreich entstehen WaldbrĂ€nde eher im Zuge von FreizeitaktivitĂ€ten – durch eine weggeworfene Zigarette oder ein Lagerfeuer beispielsweise. Im Umkreis von StĂ€dten ist die Wahrscheinlichkeit dafĂŒr höher, weil dort mehr Menschen unterwegs sind als in abgelegenen Regionen. „An den SĂŒdhĂ€ngen der Nordkette bei Innsbruck brennt es sehr hĂ€ufig aufgrund der Kombination des trockenen SĂŒdhanges mit Kiefernwald, naher Besiedelung und FreizeitaktivitĂ€ten“, erklĂ€rt der Forscher. Im Sommer ist gelegentlich auch Blitzschlag der Auslöser eines Waldbrandes.

Zur Person

Wouter Dorigo ist Leiter der Forschungsgruppe Klima- und Umweltfernerkundung der Technischen UniversitĂ€t Wien und arbeitet im Bereich Klimaforschung und Mikrowellen-Fernerkundung. Dorigo studierte Physische Geographie an der UniversitĂ€t Utrecht und promovierte in Fernerkundung an der Technischen UniversitĂ€t MĂŒnchen. Seit 2007 ist er an der TU Wien tĂ€tig.

WaldbrĂ€nde in Österreich Datenbank
Seit 2008 werden in der Waldbrand-Datenbank detaillierte Informationen zu Brandereignissen festgehalten und rĂŒckwirkend bis zum Jahr 1995 eingespeist. Aktuell sind in der Datenbank 5.700 WaldbrĂ€nde erfasst. https://fire.boku.ac.at/firedb/ © BOKU Wien

Je trockener der Boden und die Vegetation sind, desto grĂ¶ĂŸer ist die Brandgefahr. FĂŒr die Ausbreitung spielt auch der Wind eine Rolle. Ob ein Feuer gelöscht wird und wie schnell, hĂ€ngt ebenfalls von seiner Lage – siedlungsnah oder peripher – und den wirtschaftlichen Möglichkeiten einer Gesellschaft oder eines Landes ab.

Viele Fachbereiche erforderlich

Um die komplexen lokalen und globalen Beziehungen zwischen Mensch, Klima, Vegetation und Feuer besser zu verstehen, arbeiten im Projekt FURNACES die Fachbereiche Feuerökologie, Sozialökologie, Fernerkundung, Datenwissenschaft, Feuer- und Vegetationsmodellierung zusammen. Aufzeichnungen und Satellitendaten vergangener BrĂ€nde, sozioökonomische Daten ĂŒber die betroffenen Gesellschaften, Modelle der VerĂ€nderung von Vegetation unter Klimawandelszenarien und gesellschaftliche VerĂ€nderungen in puncto Besiedelung, Wirtschaft, Landwirtschaft sollen verstehen helfen, wie der Mensch BrĂ€nde beeinflusst und welche Folgen BrĂ€nde fĂŒr Ökosysteme und Gesellschaften haben.

Modelle verbessern mit Machine Learning

„Die bestehenden Klimamodelle können die rĂ€umliche und zeitliche Verteilung von Feuern nicht gut darstellen. Wir versuchen das zu verbessern, weil Feuer wesentlich zum CO2-Gehalt der AtmosphĂ€re beitragen und damit eine wichtige Rolle im Klimasystem spielen“, sagt Wouter Dorigo. Die Forschenden der BOKU untersuchen dafĂŒr auf lokaler Ebene die EinflĂŒsse des Menschen auf die EntzĂŒndung und UnterdrĂŒckung von VegetationsbrĂ€nden und die Rolle der Feuerregime in sozioökonomischer Dynamik. Sie entwickeln theoretische Modelle, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung von LĂ€ndern auf das Feuergeschehen auswirkt.

Die Technischen UniversitĂ€ten von Wien und Dresden setzen Daten vergangener Feuer ĂŒber die Lage, GrĂ¶ĂŸe, Ausbreitung, Eigenschaften der LandoberflĂ€che, Wetter, Bodenfeuchte oder Vegetationstyp aus der globalen Fernerkundung in Beziehung zu menschlichen EinflĂŒssen, wie der NĂ€he zu Siedlungen oder Infrastrukturen, IntensitĂ€t von Viehzucht oder Bruttoinlandsprodukt. Mittels Machine Learning modellieren sie daraus, wie stark welcher Faktor in welcher Region zur FeueraktivitĂ€t beitrĂ€gt. In einem zweiten Schritt sollen diese Erkenntnisse in physikalische Modelle umgewandelt werden, damit die zukĂŒnftige FeueraktivitĂ€t fĂŒr unterschiedliche Klimaszenarien gerechnet werden kann.

Die Kolleg:innen vom „Senckenberg BiodiversitĂ€t und Klima Forschungszentrum“ in Frankfurt am Main und vom Karlsruher Institut fĂŒr Technologie untersuchen, welche Auswirkungen der Klimawandel, VerĂ€nderungen von Ökosystemen und gesellschaftliche VerĂ€nderungen auf die Brandwahrscheinlichkeit haben können. Die verbesserten Modelle zur Vorhersage von VegetationsbrĂ€nden und ihrem Beitrag zum Klimasystem sollen in Zukunft helfen, diese besser zu managen.

Das fĂŒr vier Jahre angelegte Projekt „ZukĂŒnftige Feuer: Interaktion mit Ökosystem und Gesellschaft“ lĂ€uft noch bis 2024 im Verbund mit Partnern aus Österreich und Deutschland. Es wird vom Wissenschaftsfonds FWF mit 325.000 Euro gefördert.

Publikationen

Dorigo W., Moesinger L., van der Schalie R., Zotta R. M. et al.: [State of the Climate in 2020] Long-term monitoring of vegetation state through passive microwave satellites, in: Bulletin of the American Meteorological Society, Vol. 102(8), 110-112, 2021

Forkel M., Andela N., Harrison S.P., Lasslop G. et al.: Emergent relationships with respect to burned area in global satellite observations and fire-enabled vegetation models, in:  Biogeosciences Vol. 16(1), 2019

Forkel M., Dorigo W.A., Lasslop G., Chuvieco E. et al.: Recent global and regional trends in burned area and their compensating environmental controls, in: Environmental Research Communications Vol. 1(5), 2019 

Forkel M., Dorigo W., Lasslop G., Teubner I. et al.: A data-driven approach to identify controls on global fire activity from satellite and climate observations (SOFIA V1), in: Geoscientific Model Development Vol. 10(12), 2017