Junger Forscher mit blonder Kurzhaarfrisur und Bart, weißer Kittel, im Labor
NovoArc-Mitgründer Oliver Spadiut wird von dem Ziel angetrieben, durch Nachhaltigkeit und Prozessintensivierung auch in Zeiten multipler Krisen Medikamente schnell auf den Markt zu bringen. © NovoArc GmbH

Jährlich vergibt das Austria Wirtschaftsservice den renommierten österreichischen Gründungspreis Phönix an Unternehmen, die aus Forschungsergebnissen erfolgreich Innovationen wirtschaftlich umsetzten. In der Kategorie Start-up wurde Anfang des Jahres das Biotechnologie-Unternehmen NovoArc ausgezeichnet. „Dieser Preis ist für uns eine große Ehre und hat unserer Arbeit große mediale Aufmerksamkeit verschafft“, freut sich Oliver Spadiut. Der Bioverfahrenstechniker gründete 2021 gemeinsam mit seinen Kollegen David Wurm und Julian Quehenberger das Unternehmen als Spin-off der Technischen Universität Wien. NovoArc produziert und vertreibt einzigartige, stabilisierende Lipidhüllen, in denen pharmazeutische Wirkstoffe den Magen unbeschädigt passieren und dadurch besser vom Körper aufgenommen werden können.

Bessere Aufnahme von Medikamenten

Viele pharmazeutische Wirkstoffe werden nur schlecht oder gar nicht im Körper aufgenommen, weshalb sie injiziert werden müssen – zum Leid von Patient:innen mit Angst vor Spritzen. In jahrelanger Forschung gelang es den Wissenschaftler:innen, das Problem der Aufnahme und Verabreichung zu lösen. Sie entdeckten besonders stabile Lipide in Mikroorganismen und haben die Technologie so weiterentwickelt, dass diese Lipide die Medizin im Magen 10- bis15-mal besser schützen als konventionelle Lipide.

Gründerpreis für NovoArc

Das junge Unternehmen NovoArc wurde mit dem Gründerpreis Phönix für innovative Technologien zur Verabreichung von Medikamenten ausgezeichnet. Mit ihrem Verfahren könnten Spritzen durch Tabletten ersetzt werden, Wirkstoffe im Körper effizienter aufgenommen und Medikamententransporte maßgeblich vereinfacht werden.

 

Den Stoff für die neuen Technologien liefert ein winziger Ureinwohner und Überlebenskünstler: der Sulfolobus acidocaldarius. Hier sieht man Zellen dieses Mikroorganismus unter dem Mikroskop.
Den Stoff für die neuen Technologien liefert ein winziger Ureinwohner und Überlebenskünstler: der Sulfolobus acidocaldarius. Hier sieht man Zellen dieses Mikroorganismus unter dem Mikroskop. © NovoArc GmbH

Stoff eines Überlebenskünstlers

Diese Lipide stammen von einem speziellen Mikroorganismus, der sich unter extremen Bedingungen besonders wohlfühlt. Die Rede ist von Sulfolobus acidocaldarius, einer Archaeen-Art, die in der Umgebung von Vulkanen lebt, in schwefelreichen Quellen bei Temperaturen bis zu 90 Grad Celcius und einem pH-Wert von 1 bis 5. In jahrelanger Arbeit konnten die Forschenden an der TU Wien herausfinden, was diesen Mikroorganismus zu einem Überlebenskünstler unter solch unwirtlichen Bedingungen macht: spezielle Lipide, die die Zellmembran stabilisieren.

Schutz für Wirkstoffe

Diese eignen sich hervorragend, um Wirkstoffe vor ungewolltem Abbau zu schützen. Denn viele Substanzen werden bei oraler Einnahme durch Säure und Enzyme im Magen zersetzt und wandern durch den Darm, ohne effizient aufgenommen zu werden. In der von NovoArc entwickelten Lipidhülle können die Wirkstoffe sicher den Magen passieren und im Darm aufgenommen werden.

Erleichtert Lagerung und Transport von Medizin

Ein weiterer Vorteil: Durch die hohe Stabilität wird auch die Lagerung der Wirkstoffe einfacher. Manche Medikamente und Impfstoffe müssen bei einer Temperatur von bis zu minus 70 Grad gelagert werden. „Unsere Technologie macht möglich, Pharmazeutika – auch mRNA-Impfstoffe – bei Raumtemperatur zu lagern, was teure Kühlketten erspart und es somit ermöglicht, auch Patient:innen in abgelegenen Gebieten medizinisch zu versorgen“, so Spadiut.

„Mit unserer Technologie sind teure Kühlketten obsolet. Wir können Menschen auch in abgelegenen Gebieten medizinisch versorgen. “ Oliver Spadiut

Bioreaktoren an der Technischen Universität Wien
Tablette statt Spritze. Das ist das nächste Ziel, an dem die Wissenschaftler:innen arbeiten. In den Bioreaktoren an der TU Wien werden die Mikroorganismen kultiviert um die benötigten Lipide zu produzieren. © NovoArc GmbH

Tablette statt Spritze

Darüber hinaus erhöhen diese Lipide generell die Bioverfügbarkeit im Körper um das Fünf- bis Zehnfache – sowohl bei Tabletten als auch Injektionen. Mischt man einem mRNA-Impfstoff diese Lipide bei, hat man eine etwa vierfach höhere Bioverfügbarkeit, d. h. man kann mit der gleichen Dosis vier Patient:innen impfen. „Wir arbeiten an der Entwicklung einer mRNA-Impfung in Tablettenform, die die Spritze ersetzt“, nennt Spadiut das nächste Ziel, das NovoArc anpeilt.

„Wir wollen eine mRNA-Impfung in Tablettenform entwickeln, die die Spritze ersetzt.“ Oliver Spadiut

Vom Holz zur Medikamentenschutzhülle

Die Arbeit mit dieser Archaaen-Art begann für Spadiut eigentlich im Rahmen eines EU-Projekts zum Upcycling von aufgeschlossenem Holz. Dabei ging es darum, einen Organismus zu finden, der den Zucker aus Lignocellulose – dem Strukturmaterial in der Zellwand aller holzigen Pflanzen – in ein höherwertiges Produkt umwandelt. „Wir haben in der Literatur zu suchen begonnen, welcher Organismus das tun könnte und sind dabei auf Sulfolobus acidocaldarius gestoßen. Wir haben uns gefragt, wie dieser Organismus unter solchen extremen Bedingungen überhaupt leben kann. Auf diesem Weg sind wir auf diese stabilen Lipide gestoßen“, skizziert Spadiut die Entdeckungsreise vom Holz zur Medikamentenschutzhülle.

In Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen in Deutschland gelang dem Bioverfahrenstechniker schließlich die Umwandlung von Xylose (Holzzucker) in Xylitol (Birkenzucker, Ersatz für normalen weißen Zucker). Medikamente in einer vermehrt personalisierten Medizin gezielt einsetzen zu können – dieses Ziel bildet die Klammer über alle vier von Oliver Spadiut geleiteten und vom FWF-geförderten Grundlagenforschungsprojekte.

Meerrettich-Enzym zur Krebstherapie

In seinen ersten beiden Projekten ging es um ein Enzym, das besonders wichtig in der Diagnostik und der gezielten Therapie von Krebserkrankungen ist. Chemo- und Strahlentherapie haben starke Auswirkungen auf den menschlichen Körper. Deshalb forscht man an der Entwicklung schonenderer und gezielter Methoden, um Krebszellen zu bekämpfen. Eine Enzymtherapie würde gesundes Gewebe bedeutend weniger schädigen und das Leben von Krebspatient:innen erträglicher machen.

Das Pflanzenenzym Horseradish Peroxidase (HRP, deutsch: Meerrettichperoxidase), das aus Meerrettich gewonnen wird, ist ein nützliches Mittel zur gezielten Krebstherapie. „Das Enzym aus Meerrettich zu isolieren, war bisher sehr umständlich und nicht nachhaltig“, erläutert Spadiut. Den Wissenschaftler:innen gelang die Entwicklung einer Methode, dieses Enzym biotechnologisch skalierbar und definiert herzustellen. Diese Entwicklung mündete an der TU Wien in zwei Patenten, die bereits auslizenziert werden.

Natürliche Killerzellen

Aktuell erforscht Spadiut an der TU Wien in einem vom FWF geförderten Projekt sogenannte Natürliche Killerzellen (NK). Sie sind wichtige Bestandteile des menschlichen Immunsystems. „Jede zehnte unserer weißen Blutkörperchen ist eine Natürliche Killerzelle. Im Vergleich zu anderen Zelltypen unseres Immunsystems sind sie besonders interessant, weil sie bösartige Zellen sehr gezielt töten können“, unterstreicht Spadiut den Impact dieser Forschung.

„Natürliche Killerzellen sind besonders interessant, weil sie gezielt bösartige Zellen töten können.“ Oliver Spadiut

Besser und schneller Killerzellen produzieren

Bisher ist die Produktion dieser Zellen jedoch ein umständlicher Prozess: Um NK-Zellen als Therapie einsetzten zu können, werden sie zuerst aus dem Blut der Patient:innen extrahiert. Dann werden sie außerhalb des Körpers kultiviert und vermehrt. Schließlich werden sie dem Patienten oder der Patientin wieder injiziert, um so die Krankheit zu bekämpfen. Um diese Zellen zu kultivieren und ihre therapeutische Sicherheit und Wirksamkeit gewährleisten zu können, muss die natürliche Umgebung – der menschliche Körper – nachgeahmt werden.

Die zellulären Eigenschaften variieren jedoch von Patient:in zu Patient:in. Daher müssen die Parameter des Kultivierungsprozesses an das Optimum der NK-Zellen der Spenderin bzw. des Spenders angepasst werden. Ziel ist es, diese Parameter zu finden und zu verstehen, wie NK-Zellen kultiviert werden müssen, um schnell zu einer therapeutisch relevanten Dosis zu gelangen und dabei die Toxizität der Zellen hoch zu halten. Das Projekt läuft demnächst aus und war „sehr erfolgreich“, freut sich Spadiut. Das Ergebnis sind mehrere Publikationen und zwei Patentanmeldungen. Derzeit arbeitet Spadiut bereits an einem Folgeantrag, um die Forschung auf diesem Gebiet zu vertiefen.

Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch entkoppeln

Der TU-Wien-Professor ist außerdem Key-Researcher im FWF Cluster of Excellence „Zirkuläre Bioprozesse“, das Ende 2024 gestartet ist. Dabei erforscht ein interdisziplinäres Team an fünf unterschiedlichen Forschungsstandorten in Österreich, wie wirtschaftliches Wachstum und Ressourcenverbrauch entkoppelt werden können. Die Ausbeutung begrenzter Ressourcen zur Produktion von Konsumgütern schafft kurzfristig Wohlstand, bedroht aber langfristig die Existenzgrundlage vieler Lebewesen. Materialien aus erneuerbaren Rohstoffen sowie deren effiziente und vor allem zirkuläre Verwendung sollen die Umstellung von erdölbasierten auf biobasierte Materialien ermöglichen.

Drei junge Forscher im Porträt
Etwas wirklich Neues entwickeln, genau rechnen und prüfen, ob es einen globalen Markt für das Produkt gibt – diese Erfolgsfaktoren haben die NovoARc-Gründer von Anfang an berücksichtigt. Von links: Julian Quehenberger (CTO), David Wurm (CEO) und Oliver Spadiut (Scientific Advisor). © NovoArc GmbH

Immer mit Blick auf die Anwendung

Selbst in seiner Grundlagenforschung richtet Spadiut den Blick immer auf die Anwendung. In seiner Arbeit gehe es zwar darum, Prozesse zu verstehen – aber stets mit dem Ziel, diese skalierbar, reproduzierbar und kontrollierbar zu machen, um unterschiedliche Produkte schnell und sicher auf den Markt zu bringen. „Nachhaltigkeit und Prozessintensivierung in Zeiten von Pandemien und immer mehr Kriegsschauplätzen, das ist es, was mich antreibt“, sagt er. Dass für die Prozessanalyse die Digitalisierung eine zunehmend wichtige Rolle einnimmt, beobachtet er an seinen Studierenden. „Ein Viertel meiner PhD-Studierenden sind mittlerweile Data Scientists – um Prozesse zu digitalisieren und Fail-Batches zu vermeiden.“

„Nachhaltigkeit und Prozessintensivierung in Zeiten von Pandemien und immer mehr Kriegsschauplätzen – das ist es, was mich antreibt.“ Oliver Spadiut

BOKU statt Medizin

Aufgewachsen im obersteirischen Murtal und aus einer Familie mit Tierarzttradition kommend, war es Oliver Spadiuts Lebenstraum, Kinderarzt zu werden. Nach dem Wehrdienst nutzte er die Monate vor der Herbstinskription zu einer Erkundungstour durch Wiener Universitäten – und entschied sich schließlich nicht für die Medizinische Universität, sondern für die Universität für Bodenkultur (BOKU). Neben der Medizin interessierte ihn auch Biotechnologie besonders. „Ich stand vor der Wahl, mit 500 anderen Studierenden Medizin zu beginnen oder mit 120 an der BOKU. So rational habe ich das entschieden“, erzählt er.

Grundlagenforschung mit Anwendung verbinden

Doch der grundsätzliche Wunsch, mit Menschen zu arbeiten und die pharmazeutische Entwicklung voranzutreiben, ist geblieben. So empfindet er in seinem Beruf als Universitätsprofessor die Lehre als „eines der schönsten Dinge“. Zugleich ist es ihm eine große Bereicherung, seine Grundlagenforschung mit Anwendung zu verbinden. Seine größten Forschungspartner kommen aus der Pharmaindustrie. „Ich verstehe deren Bedarf und verbinde die Grundlagenwissenschaft mit der Prozessentwicklung. Es ist so schön: Das geht Hand in Hand bei mir.“

„Ich verstehe den Bedarf der Pharmaindustrie und verbinde Grundlagenwissenschaft mit Prozessentwicklung.“ Oliver Spadiut

Während seiner Dissertation war Spadiut Visiting Scientist an der University of British Columbia (UBC) in Kanada und verbrachte nach der Promotion zwei Forschungsjahre an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm. Die Zeit in Schweden sieht er als eine der prägendsten Stationen seiner wissenschaftlichen Entwicklung. „Mein Betreuer hat mir beigebracht, wie man Papers und Anträge schreibt“, erinnert er sich.

Steiniger akademischer Weg

Seiner Rückkehr nach Wien vor fünfzehn Jahren folgte ein relativ steiniger Weg, geprägt von großer Unsicherheit. „Ich habe die gesamte akademische Karriere durchgemacht, vom Assistenten bis zum ordentlichen Professor“, blickt er zurück. Die größten Stolpersteine dabei: Vertragsbefristungen und die Sechs-Jahres-Befristung (Kettenvertragsregelung) für Postdocs. „Ich wusste als Vater zweier kleiner Kinder bis einige Wochen vor Vertragsende nicht, ob ich verlängert werde“, erinnert er sich an nervenaufreibende Jahre. Es brauche das Glück, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein und schon etwas vorweisen zu können. „Wenn ich nicht bereits einen Track-Record gehabt hätte mit Projekteinwerbungen und Papers, dann wäre ich heute nicht da, wo ich bin.“

Problem Kettenvertragsregelung

Spadiut kann von einigen Kolleg:innen berichten, die die Wissenschaft verlassen haben – auch unfreiwillig, obwohl sie die Finanzierung gehabt hätten. Der Grund: die sogenannte Kettenvertragsregelung. Während in der Privatwirtschaft Mitarbeiter:innen nach mehreren befristeten Anstellungen fest angestellt werden müssen, können Universitäten befristete Verträge zu „Ketten“ aneinanderreihen. Nach acht Jahren in der Befristung zieht das Gesetz allerdings eine harte Grenze ein: Entweder man wird unbefristet angestellt oder man muss gehen.

90 Prozent der Forschenden befristet angestellt

In der Praxis passiert Letzteres, zeigt eine neue Studie über die prekären Beschäftigungsverhältnisse an Österreichs Universitäten: Wissenschaftler:innen wandern ins Ausland oder in die Privatwirtschaft ab, in der Lehre gibt es zu wenig Zeit für Studierende, in der Forschung durch ständig auslaufende Dienstverträge mangelnde Kontinuität. Laut Netzwerk Unterbau Wissenschaft (NUWiss) sind rund 90 Prozent der Forscher:innen und Lektor:innen unterhalb der Professur befristet angestellt, das sind insgesamt 34.000 Wissenschaftler:innen in ganz Österreich.

Die Unsicherheit der Anstellung wirkt sich auch auf das persönliche Leben aus, wenn es etwa um einen Kredit oder eine Wohnung geht. Dabei steht der Mittelbau an den Universitäten nicht mehr am Beginn des Lebens: Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer:innen war zwischen 30 und 44 Jahre alt. Eine Zeit, in der auch die Familienplanung eine Rolle spielt. „Das betrifft gerade auch Frauen besonders“, so Spadiut.

Mehr Transparenz

Was Spadiut in dem bestehenden Karrieremodell an Österreichs Universitäten zudem vermisst, ist Transparenz. „Es sollte – unter Einhaltung der Qualifizierungsvereinbarungen – klare und transparente Karrierewege geben. Ich hatte immer wieder Situationen mit großen Fragezeichen.“

„Förderlandschaft in Österreich gut“

Was ihn trotzdem motiviert hat, weiterzumachen? „Die Kombination aus Forschung und Lehre und die Freiheit, an dem arbeiten zu können, was mich interessiert, solange ich das Geld dafür bekomme“, sagt er. „Welcher andere Job auf der Welt kann das bieten? Keiner!“ Als besonderen Meilenstein in seiner Karriere bezeichnet der Professor das Einwerben eines Christian-Doppler-Labors 2023. „Ich finde die Förderlandschaft in Österreich wirklich gut“, sagt er. „Wenn man eine gute Idee hat und seine Hausaufgaben gründlich macht, dann bekommt man auch Geld. Je nachdem, in welchem Sektor man arbeitet, kann man sich eine gewisse Zeit über Förderungen finanzieren“, ist sich Spadiut sicher.

„Wenn man eine gute Idee hat und seine Hausaufgaben macht, bekommt man auch Geld.“ Oliver Spadiut

Neues entwickeln und genau rechnen

Er empfiehlt jungen Kolleg:innen im Start-up-Bereich, etwas wirklich Neues zu entwickeln und genau zu rechnen. „Was ist State of the Art? Was bringe ich Neues und ist das patentierbar? Gibt es einen Bedarf, einen Markt? Ich muss global schauen, wie viel Konkurrenz es gibt.“ Gründer:innen empfiehlt er, relativ schnell die Produktionskosten für das Produkt zu errechnen und zu überlegen, ob es einen Markt dafür gibt. „Wenn ich sehe, es gibt schon hundert Firmen, bin ich nicht die oder der Hunderterste. Dann mache ich es lieber nicht, bevor ich nach zwei, spätestens drei Jahren die Firma wieder zusperren muss“, bringt er es auf den Punkt. Gerade sein Bereich ist durch teure Geräte wie etwa Bioreaktoren besonders kostenintensiv.

Beratungsangebote nutzen

Aus diesem Grund empfiehlt er jungen Kolleg:innen, Schulungen zu Kostenkalkulationen zu machen. Es gebe hier viele Angebote, wo man sich Input holen könne. Als Beispiele nennt er das i2c Innovation Incubation Center der TU Wien, den INiTS (Vienna’s High-Tech Incubator) oder die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG. „Am Anfang ist man immer begeistert und voll der Gründerhormone, aber wir haben relativ schnell durchgerechnet, wo müssen wir hin, dass das verkaufbar wird“, erzählt er von seinen Anfängen. Heute ist NovoArc ein erfolgreiches Unternehmen mit 17 Mitarbeiter:innen.

Zur Person

Oliver Spadiut ist Professor am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der Technischen Universität Wien. Der 45-Jährige studierte Biotechnologie an der BOKU Wien, war Visiting Scientist an der University of British Columbia (UBC) in Kanada und als Postdoc zwei Jahre an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm. 2015 habilitierte sich Spadiut an der TU Wien in Biotechnologie und initiierte seine eigene Forschungsgruppe „Integrierte Bioprozessentwicklung“.

2021 gründete er gemeinsam mit seinen Kollegen David Wurm und Julian Quehenberger das Biotechnologieunternehmen NovoArc als Spin-off der TU Wien. NovoArc produziert und vertreibt stabilisierende Lipidhüllen, in denen pharmazeutische Wirkstoffe den Magen unbeschädigt passieren und dadurch besser vom Körper aufgenommen werden können. Im Jahr 2022 wurde er Leiter des Forschungsbereichs Bioverfahrenstechnik an der TU Wien.