Hannes Schuler
Hannes Schuler unterwegs in Indiana, USA © privat

Schon seit meiner Masterarbeit beschäftige ich mich mit der Erforschung des endosymbiontischen Bakteriums Wolbachia in Fruchtfliegen der Gattung Rhagoletis. Viele Publikationen, die ich in dieser Zeit studierte, trugen die Handschrift des Amerikaners Jeff Feder – dem „Papst“ der Rhagoletis-Forschung. Feder hat mit seiner Arbeitsgruppe in den vergangenen Jahrzehnten die Evolution von Rhagoletis beschrieben und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung der Entstehung neuer Arten geleistet. Als ich in der letzten Phase meiner Dissertation an der Universität für Bodenkultur Wien Jeff Feder meine Ergebnisse präsentierte, war er begeistert und lud mich ein, als Gastforscher für einige Wochen bei ihm im Labor an der University of Notre Dame in Indiana, USA, mitzuarbeiten.

Amerikanische Gastfreundschaft

In diesen Wochen lernte ich die amerikanische Gastfreundschaft kennen: Ich durfte bei Jeff zuhause wohnen und wurde von seiner Frau herzlich bekocht und umsorgt. Diese Zeit im Feder-Lab reichte aber bei Weitem nicht aus, um die unzähligen Ideen, die Jeff und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hatten, umzusetzen. So haben wir beschlossen, ein Erwin-Schrödinger-Projekt beim österreichischen Wissenschaftsfonds FWF einzureichen, um unsere Ideen gemeinsam verwirklichen zu können. Die Entscheidung über diesen 18-monatigen Auslandsaufenthalt betraf jedoch nicht nur mich. – Frisch verheiratet, war klar, dass meine Frau und ich nur gemeinsam dieses Wagnis auf uns nehmen würden. Nach vielen Diskussionen haben wir uns letztendlich entschieden, das Abenteuer USA zu wagen ...

Teambuilding bis in die Nacht

... und es hat sich gelohnt! Ich wurde herzlich in die neue Arbeitsgruppe aufgenommen und konnte mich sofort in die laufenden Projekte einbringen. Meine neuen Kolleginnen und Kollegen, aber auch Professoren anderer Arbeitsgruppen, sind äußerst hilfsbereit und zeigen großes Interesse an meiner Arbeit. In diesem stimulierenden Umfeld macht das Arbeiten großen Spaß. Besonders gefällt mir die amerikanische Art, Wissenschaft zu betreiben: Zum einen wird hart gearbeitet, zum anderen werden aber auch die Pausen sinnvoll genutzt. So spiele ich zwei- bis dreimal wöchentlich mit Jeff und anderen Mitarbeitern der Uni in der Mittagspause Soccer. Dafür sitzen wir dann abends oft noch bis in die Nacht bei einem Bier im Labor oder tauschen uns bei wöchentlichen Taco Nights aus.

Vorzeige-Campus im Football-Fieber

Die University of Notre Dame liegt in Indiana, zwei Autostunden östlich von Chicago in der Kleinstadt South Bend. Der Universitätscampus mit seinem Wahrzeichen, dem Golden Dome (von uns auch liebevoll „goldenes Dachl“ genannt), gilt als einer der schönsten der USA. Das Leben am Campus ist vor allem von den Sportereignissen geprägt. An Gamedays herrscht hier Ausnahmesituation: Während normalerweise etwa 10.000 Studenten am Campus leben und studieren, gesellen sich an diesen Wochenenden etwa 100.000 Football-Fans dazu, die unser Team, die Fighting Irish, anfeuern. Wir Europäer hatten anfangs zwar nicht viel mit Football am Hut, doch spätestens seit unserem ersten Game im Stadion tragen auch wir ein Kleeblatt im Herzen. Da unser Städtchen ansonsten eher ein verschlafenes Nest ist, „flüchten“ wir immer wieder gerne nach Chicago und an den Lake Michigan, versuchen aber auch andere Seiten dieses vielfältigen Landes kennenzulernen.

Netzwerke, die bleiben

Die Entscheidung für eineinhalb Jahre in die USA zu gehen, hat sich auf jeden Fall gelohnt! Hier kann ich mich wissenschaftlich ausleben und profitiere von den Inputs meiner Arbeitskollegen. Die Kontakte, die ich hier knüpfen konnte, werden mir hoffentlich bei meiner weiteren wissenschaftlichen Karriere hilfreich sein. Dass wir hier auch privat eine unvergessliche Zeit erleben und meine Frau auch die Möglichkeit hat, an der Uni zu unterrichten, macht den Aufenthalt in Indiana für uns beide nicht nur beruflich, sondern auch privat zu einem Erlebnis, das wir nicht mehr missen möchten.