Neue Diagnosetechnik verbessert Brustkrebsvorsorge
Brustkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten und die häufigste bei Frauen in der westlichen Welt. Eine Früherkennung ist dementsprechend wichtig. In der sogenannten „Mammografie“, wie die bildgebende Untersuchung der weiblichen Brust genannt wird, werden einerseits Röntgenmethoden angewandt, andererseits die schonendere, aber teurere Magnetresonanztomografie (MR). Dabei wird der menschliche Körper einem statischen sowie einem hochfrequenten Magnetfeld ausgesetzt, das die Kerne der Wasserstoffatome im Gewebe elektromagnetisch anregt. Diese Reaktion wird genutzt, um ein dreidimensionales Bild aus dem Inneren des Körpers aufzuzeichnen. Die MR-Untersuchung hat aber einige praktische Nachteile. In einem internationalen und vom FWF gemeinsam mit der französischen Förderagentur ANR finanzierten Projekt arbeitet der Physiker Elmar Laistler nun daran, dieses Verfahren für Brustkrebs komfortabler und günstiger zu machen.
Ohne Risiken der Röntgenstrahlung
„Ein Vorteil der Untersuchung der Brust mit MR besteht darin, dass keine Röntgenstrahlung verwendet wird, wie bei der klassischen Mammografie“, sagt Laistler. Die Risiken durch ionisierende Strahlung seien gerade für junge Frauen ein Problem. „Die anderen Vorteile sind deutlich höhere Sensitivität und Auflösung der Messung.“ Die MR-Untersuchung sei auf dem besten Weg, die Standardmethode zu werden, es gebe allerdings einige Probleme, ergänzt Laistler: „Vor allem ist sie teuer und dauert länger.“ Hier will sein Team mit einer Verbesserung der Hardware ansetzen. „MR-Mammografie wird bisher so durchgeführt, dass die Frauen am Bauch liegend in die MR-Scanner-Röhre hineingeschoben werden“, erklärt der Medizinphysiker. „Das eigentliche Bild wird bei MR immer mit Radiofrequenzspulen aufgenommen.“ Diese Spulen hätten die Form zweier „Töpfe“ in einer Einheitsgröße. Die Patientin liegt auf dem Bauch, sodass die Brust hineinhängt. „Das funktioniert nicht für alle Frauen und alle Brustgrößen gleich gut, weil die Spulen dann effizienter und besser sind, wenn sie gut an die Körperform angepasst sind“, erklärt Laistler.
Untersuchung auf dem Rücken liegend
Das wolle man umdrehen, sagt der Forscher: „Die Frau liegt bei uns auf dem Rücken und die Spule soll so flexibel sein, dass sie in Form einer Weste angezogen werden kann.“ Dieser Zugang hat verschiedene Vorteile. „Ein ganz wesentlicher Punkt des Projekts ist, dass die Brust so eher flach ist und ein viel größerer Teil nahe am Empfänger liegt“, sagt Laistler. „Dadurch ist das Signal stärker und die Messzeit kann verkürzt werden“ – und das unabhängig von der Größe der Brust. Dazu kommt, dass nach der MR-Untersuchung oft noch eine Biopsie nötig ist, wo mit einer Nadel Gewebe entnommen wird, das im Verdacht steht, ein Tumor zu sein. „Das ist der Goldstandard“, so Laistler. Bei der Biopsie liegt die Patientin aber üblicherweise auf dem Rücken oder auf der Seite. „Da ist es für den Arzt oft schwierig, den Punkt zu finden, den er auf dem MR-Bild gesehen hat, weil die Brust je nach Lage eine andere Form hat. Bei unserer Methode ändert sich die Form hier wenig.“
Atembewegungen korrigieren
Es gibt allerdings einen Haken: Die Atmung der Patientinnen. Das Heben und Senken des Brustkorbs verfälscht das Bild und muss herausgerechnet werden. „Deshalb haben wir in unserer Weste zusätzlich Bewegungssensoren eingebaut, die gemeinsam mit einem Korrekturalgorithmus die Aufnahme reparieren können und so scharfe Bilder liefern“, beschreibt der Forscher das Verfahren. Ein Prototyp dieser Weste wird gerade gebaut. Er wird 32 Spulen mit einem Durchmesser von je acht Zentimetern enthalten, die aus Koaxialkabeln bestehen. Eine Empfänger-Einheit am Ende der Kabel speist das Signal in den Computer. Die Gruppe um Laistler in Wien konzentriert sich in dem Projekt auf die Hardware-Entwicklung. Bewegungssensoren und Korrektursoftware werden von einer Gruppe der Université de Lorraine in Nancy entwickelt. Das Know-how zu den Spulen selbst stammt aus einer Kooperation mit der Universität Paris-Sud, wo Laistler das erste Jahr seines Doktorats absolvierte. Elmar Laistler, der seit 2018 assoziierter Professor an der Medizinischen Universität Wien ist, betont die Wichtigkeit derartiger Projekte, um sich als junger Wissenschafter eine Forschungsgruppe aufzubauen. Seine Gruppe hat über Jahre hinweg einen Personalstand von etwa acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von denen ein Großteil über FWF-Projekte finanziert wird.
Medizinprodukt als Ziel
„Am Ende des Projekts soll ein fertiges Hardware- und Softwarepaket etabliert sein, mit dem man MR-Brustuntersuchungen durchführen kann“, so Laistler. Gelingt das, soll der Prototyp gemeinsam mit Industriepartnern zu einem Medizinprodukt weiterentwickelt werden, wie es der Forscher schon in früheren Projekten erfolgreich demonstriert hat.
Zur Person Elmar Laistler ist assoziierter Professor am Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der Medizinischen Universität Wien. Der Physiker ist dort Leiter der Gruppe für Radiofrequenzphysik und interessiert sich für Hard- und Software für Hochfeld-Magnetresonanzuntersuchungen.
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