Ausschnitt aus einem Pensionsantrag an Kaiserin Maria Theresia aus dem Jahr 1749. © Österreichisches Staatsarchiv/Hofkammerarchiv

1718: Das Klima im Banat Temeswar, das sich über das heutige Westrumänien, die serbische Vojvodina und Südostungarn erstreckt, war gewöhnungsbedürftig. Heiße Sommer bargen in dem Gebiet, wo kaum Sümpfe trockengelegt waren, etwa das Risiko, an Malaria zu erkranken. Nach der Eroberung des Temescher Banats gingen dennoch viele Militärs und Zivile dorthin und wurden zentrale Akteurinnen und Akteure beim Aufbau einer „modernen“ Bürokratie. Wer sie waren und wie sich das Personalmanagement in dieser abgelegenen, dünn besiedelten Region entwickelte, wurde nun erstmals in einem Forschungsprojekt mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF untersucht.

Bei (fast) Null anfangen

Mit dem Fokus auf das Personalmanagement schließt das Grundlagenprojekt, das im Herbst 2018 abgeschlossen ist, eine Forschungslücke. „Das Moderne an dem System war die Fachkompetenz der führenden Beteiligten, die Planhaftigkeit der Funktionsabläufe und die hochgradige Dokumentation. Die erlaubt es uns heute, derartige ‘Management‘-Prozesse zu rekonstruieren“, erklärt Projektleiter Harald Heppner, Historiker und Südosteuropaexperte am Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Warum gerade diese Gegend quasi zum Versuchslabor für die Etablierung eines Behördentums wurde, dürfte verschiedene Ursachen gehabt haben. Einer war, dass das Banat aufgrund des Kriegs zwischen Habsburgern und Osmanen dünn besiedelt war. Hinzu kam sein Sonderstatus als „Krondomäne“ bis 1778: Dies bedeutete in der Praxis, dass es keine feudal-ständische „Gegenwelt“ gab, worauf die Habsburger Rücksicht hätten nehmen müssen. Von den osmanischen Verwaltungsstrukturen übernahmen sie nur die „Dorfknezen“, eine Art Bürgermeister für kleine Landregionen.

Das Temescher Banat und seine politische Situation 1718 © Wikipedia

Mehr Pflichten, mehr Leistung

Unter den Osmanen waren von der einheimischen serbischen und rumänischen Bevölkerung in erster Linie Steuerzahlungen und militärische Leistungen erwartet worden, was sich unter den Habsburgern sukzessive änderte. „Modern bedeutete in der Verwaltung, das Leben an der Schnittstelle von öffentlicher und privater Sphäre allgemein gültigen Regeln zu unterziehen. Das sollte den Schlendrian vormoderner Verwaltung abbauen“, sagt Heppner. Die Anforderungen, die an die Bevölkerung gestellt wurden, waren für sie ungewohnt und im Vergleich zur osmanischen Zeit strikt. Ein Wandel, der mitunter auf Widerstand stieß. Denn im Gegenzug dafür, dass Behörden etabliert wurden, die sich um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kümmerten, mussten sie sich etwa behördlich melden, Dienstzeiten speziell an der Grenze genau einhalten oder pünktlich Steuern bezahlen.

Ein fordernder Job

Für den geregelten Ablauf war damals wie heute das Personal des Verwaltungsapparats verantwortlich. Im Banat Temeswar, das sich an der Außengrenze zum osmanischen Reich befand, waren dies anfangs vor allem Militärs. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts fand ein Wechsel statt, und Zivile gewannen an Bedeutung. Ein wichtiges Ergebnis des Forschungsprojekts betrifft etwa die Frage, wer diese frühen „Beamten“ waren, was sie mitbrachten oder was für ihre Tätigkeit charakteristisch war: Die Mehrheit war gut ausgebildet und stammte aus anderen Provinzen der Habsburgermonarchie. Die Kenntnis der Landessprachen Serbisch und Rumänisch war für den Kontakt mit der Bevölkerung wichtig, um rasch Einblick in die ökonomischen, geografischen und politischen Gegebenheiten zu bekommen. Bis zu den obersten Rängen waren sie sehr mobil und pendelten zwischen Wien und dem Banat, waren in der Region oder an der Grenze zum osmanischen Reich unterwegs. Die einen waren „Springer“ und blieben nur kurz, andere kamen mit der ganzen Familie. Einheimische wurden zunächst hingegen nur für untere Ränge herangezogen, da sie vor allem aus dem bäuerlichen Milieu stammten, was sich allerdings nach und nach änderte.

Auf und Ab

„Die größte Herausforderung bestand für die Habsburger darin, ob und wie lange man den Rücken für den Aufbau einer modern aufgestellten Provinz überhaupt frei haben werde“, betont der Historiker. Der Krieg gegen das Osmanische Reich (1737-1739) sei ein herber Rückschlag gewesen und stelle den „stärksten Störfaktor“ dar. Vieles von dem, was ab 1718 aufgebaut worden war, wurde nämlich durch das Eindringen der Osmanischen Armee zunichte gemacht. „Nach dem Friedensschluss war erst einmal Wiederaufbau – fallweise bei Punkt Null – angesagt. Jene Kriegs- und Kriegsfolgejahre waren daher auch fürs Personalmanagement eine Zäsur“, erklärt Harald Heppner. Bis 1778 war noch Zeit, denn danach fiel der Großteil an den ungarischen Teil der Monarchie. Was man daraus lernt: Der Aufbau einer modernen Bürokratie gelang, wurde aber von Menschen getragen, denen Risikobereitschaft, Kompetenz, Mut und Flexibilität abverlangt wurde. Sonst hätte sie wohl alleine schon das Klima wieder vertrieben.


Zur Person Harald Heppner ist Historiker sowie Universitätsprofessor für Südosteuropäische Geschichte am Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Er leitet die Historikerkommission von Pro Oriente und besitzt mehrere Ehrendoktorate von Universitäten in Bulgarien und Rumänien. Die Publikation zu dem FWF-Projekt „Personalmanagement in einer neuen Provinz: Das österreichische Banat“ wird 2019 erscheinen.


Publikationen

Heppner, Harald: Die österreichische Militärgrenze im 18. Jahrhundert zwischen Krieg und Frieden. In: Stephanie Stockhorst (Hg.): Krieg und Frieden im 18. Jahrhundert: kulturgeschichtliche Studien, Hannover, 2015, 287-303
Heppner, Harald; Posch, Eva: Encounters in Europe’s Southeast. The Habsburg Monarchy and the Orthodox World in the Eighteenth and Nineteenth Centuries, Bochum: Verlag Dr. Dieter Winkler, 2012