Vorführung eines der EEG-Paradigmen die am Center for Music in the Brain verwendet werden. Jan Stupacher im Hintergrund mit zwei Kollegen.
Vorführung eines der EEG-Paradigmen die am Center for Music in the Brain verwendet werden. Jan Stupacher im Hintergrund mit zwei Kollegen. © Jan Stupacher

Musik zieht uns in ihren Bann. Auf direktestem Weg spricht uns Musik über Rhythmus und Bewegung an. Manche Rhythmen lassen unsere Füße fast automatisch im Takt mitklopfen oder inspirieren uns zum Tanzen mit anderen Menschen. Meine Forschung am Center for Music in the Brain in Aarhus, Dänemark beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von auditorischen und motorischen Gehirnarealen, welches es uns ermöglicht, Rhythmus in Bewegung zu übersetzen. Auf soziopsychologischer Ebene untersuche ich wie gemeinsame Bewegungen zu Musik prosoziale Gefühle und Verhalten verstärken.

Rhythmen im Gehirn und im sozialen Miteinander

In vorherigen EEG-Studien untersuchten wir die Rolle von neuronalen Oszillationen in der Wahrnehmung und Interpretation von musikalischen Rhythmen. Mittels TMS und EMG konnten wir zusätzlich zeigen, dass während dem Hören von Musik motorische Areale in unserem Gehirn auch dann aktiv sind, wenn wir uns nicht bewegen. Unser Ziel ist es beide Methoden zu kombinieren um herauszufinden wie kulturelle Hintergründe auf rhythmusbezogene neuronale Oszillationen und auditorisch-motorische Interaktionen wirken.

Einer der Gründe warum es uns überhaupt möglich ist, Musik in Bewegung umzusetzen, ist vermutlich, dass gemeinsame Bewegungen zu Musik soziale Verbindungen stärken. In einer aktuellen Publikation, die Daten aus meiner Zeit in Graz und Aarhus verbindet, zeigen wir, dass der einzigartige soziale Kontext von Musik zu stärkerer Verbundenheit führen kann. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass unser persönlicher Musikgeschmack hierbei eine größere Rolle spielt als kulturelle Hintergründe.

Die Corona-Pandemie erschwert natürlich die Datenerhebung. Aber glücklicherweise kann ich einige Daten online sammeln. Der FWF reagierte schnell und zuverlässig auf die veränderte Lage und ich bin zuversichtlich, dass die flexible Unterstützung zu erfolgreichen Schrödinger-Projekten rund um den Globus führt.

Center for Music in the Brain

Während meines Doktoratsstudiums in Psychologie in Graz war die Kombination aus Neuro- und Musikwissenschaft eher ungewöhnlich. Hier in Aarhus bin ich umgeben von Musik, Neuro-, Bio- und Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, die durch ihr Forschungsinteresse für Musik vereint werden. Dieses Umfeld ermöglicht es mir, neue Methoden kennenzulernen und neue Kollaborationen zu schaffen.

Das Leben in Aarhus   

Zu Beginn musste ich mich etwas an den starken Kontrast zwischen dem dänischen Winter und Sommer gewöhnen. Der dunkle Winter lädt zum gemütlichen Daheimbleiben ein, während der helle Sommer die Menschen aus ihrem Hygge*-Winterschlaf aufweckt. Sobald sich die Sonne zeigt treibt es die Menschen auf die Straße, an den Strand oder in Parks und Gärten. Ich genieße beide Seiten — besonders seit ich mein Apartment richtig hyggelig eingerichtet habe.

Eines der Dinge die ich in Aarhus vermisse, sind die österreichischen Berge und das Klettern am Fels. Ich habe jedoch einen fantastischen Kletterklub mit offenen und freundlichen Menschen gefunden. Das Motto des selbstorganisierten und ehrenamtlich aufgebauten Klubs ist „Initiativet har magten”, was als „Die Initiative hat Macht” übersetzt werden kann. Von diesem Motto inspiriert, bin ich dem Routensetzer-Team beigetreten und habe gelernt, Plastikgriffe in einer Box in eine Kletterroute an der Wand zu verwandeln. Genau wie in der Forschung benötigt Routensetzen Training, Trial-and-Error-Tests, Kreativität, technische Fähigkeiten und Feedback. „Initiativet har magten“ gilt auch in der Forschung.   

* Direkt übersetzt bedeutet “hyggelig” gemütlich, angenehm und nett. Im weiteren Sinne kann “hyggelig” aber auch geborgen, behaglich, intim und lieblich bedeuten und wird oft “zur Charakterisierung der dänischen Mentalität verwendet” (Wikipedia).