Hier noch im Bau, 2016 eröffnet: Der Gotthard-Basistunnel durch die Schweizer Alpen ist mit 57 Kilometern der lĂ€ngste Eisenbahntunnel der Welt. Die Grundlagenforschung arbeitet nun an neuen Methoden, um den energieintensiven Gesteinsabbau zu erleichtern. © Cooper.ch/CC BY-SA 2.5, Wikimedia Commons

Der Abbau von hartem Gestein wie Granit ist ein langwieriger, energieintensiver Prozess, egal ob im Bergbau oder im Tunnelbau. Dabei wird in mehreren Schritten vorgegangen: Zuerst mĂŒssen Risse im kompakten Fels erzeugt werden, wobei einzelne Brocken entstehen, die dann herausgelöst und abtransportiert werden können. In der Geschichte des Bergbaus wurde Ersteres oft mit Feuer gemacht – die Hitze sprengt das Gestein. Ein vom Wissenschaftsfonds FWF gefördertes, interdisziplinĂ€res Projekt der LehrstĂŒhle fĂŒr Mechanik, Physik und Bergbaukunde der MontanuniversitĂ€t Leoben hat nun eine moderne Variante dieser Strategie untersucht: Zum Erhitzen des Gesteins wird Mikrowellenstrahlung eingesetzt. „Alle gĂ€ngigen Abbaumethoden haben eines gemeinsam: Man möchte das Gestein zuerst brechen, also OberflĂ€chen erzeugen, aber nur ein geringer Teil der Energie geht wirklich in diese OberflĂ€chenschaffung. Der Großteil geht in Form von WĂ€rme verloren“, sagt Projektleiter Thomas Antretter vom Institut fĂŒr Mechanik der MontanuniversitĂ€t Leoben. Derzeit wird das Gestein entweder gesprengt oder rein mechanisch mit großen Maschinen aufgebrochen und abgetragen. „Das ist eine riesige Verschwendung von Energie. Wir wollen den mechanischen Abbauprozess nicht vollstĂ€ndig ersetzen, das ist nicht möglich. Aber wir können ihn erleichtern“, berichtet Antretter im GesprĂ€ch mit scilog.

25-mal stÀrker als ein Mikrowellenofen

Dass Mikrowellen zum Erhitzen genutzt werden können, ist aus dem Alltag bekannt. Weniger offensichtlich ist, dass auch Gestein erwĂ€rmt werden kann. „Man könnte tatsĂ€chlich einen Gesteinsbrocken in einen Mikrowellenofen legen und er wĂŒrde warm werden“, erklĂ€rt Antretter. „Um wirklich Risse zu erzeugen, braucht es aber höhere Energien.“ FĂŒr die Praxistests wurde eine Anlage mit 25 Kilowatt Leistung verwendet, das ist etwa das 25-Fache eines Mikrowellenherds. Die Mikrowellen werden mit einem Applikator aufgebracht, der wie ein Schlauch aussieht –, ein Hohlleiter, in dessen Innerem die Mikrowellen transportiert werden.

Computersimulation eines Gesteins, das durch Mikrowellen aufgeheizt wurde. Die roten Bereiche zeigen die stĂ€rkste SchĂ€digung. © Montanuni Leoben

Antretters Gruppe war fĂŒr die Simulationen zustĂ€ndig. „Die Simulationen waren relativ umfangreich, weil wir einerseits die elektromagnetischen VorgĂ€nge berechnen mussten, die Einstrahlung und die Ausbreitung der elektromagnetischen Welle, und dann daraus schließen mussten, wie sich das Gestein erwĂ€rmt.“ Antretter interessierte sich besonders fĂŒr Granit, der aufgrund seiner HĂ€rte besonders schwierig abzubauen ist. Granit besteht aus den Gesteinen Feldspat, Quarz und Glimmer. „Diese haben unterschiedliche Eigenschaften und erwĂ€rmen sich verschieden stark. Abgesehen davon unterscheiden sie sich auch in ihren elektrischen Eigenschaften, Mikrowellen werden unterschiedlich absorbiert.“ Auch das habe zuerst berechnet werden mĂŒssen. „Mit den Ergebnissen der Rechnungen zur Verlustleistung konnten wir dann eine mechanische Rechnung machen“, erklĂ€rt Antretter. „Dazu mĂŒssen wir berechnen, wie sich die Temperatur im Gestein zeitlich entwickelt. Davon ausgehend können wir die mechanischen Spannungen berechnen, wiederum als Funktion der Zeit.“ Das wurde mit der kritischen Belastungsgrenze fĂŒr die einzelnen Gesteinsbestandteile verglichen, um festzustellen, wann das Gestein bricht und die gewĂŒnschten Risse entstehen.

Kurze Pulse effektiver

Thomas Antretters Team simulierte kurze, intensive Pulse von nur einer Zehntelsekunde und zum Vergleich lĂ€ngere Pulse mit geringerer IntensitĂ€t, die 100 Sekunden dauerten. Die eingebrachte Energie war in beiden FĂ€llen gleich. „In den Simulationen zeigten die kurzen Pulse etwas mehr Effekt, bei gleicher Energiemenge“, berichtet Antretter. Begleitend dazu gab es Versuche am benachbarten Lehrstuhl fĂŒr Bergbaukunde, der Zugriff auf eine Mikrowellenanlage hat. „Dort wurden tatsĂ€chlich Gesteinsproben hineingelegt und bestrahlt, unter unterschiedlichen Bedingungen und Zeiten. Es hat sich herausgestellt, dass man diese Riss-Muster erzeugen kann, und sie stimmen gut mit dem ĂŒberein, was wir in der Simulation gefunden haben.“ Die Idee, Mikrowellen zum Aufbrechen von Gestein zu verwenden, habe es schon lĂ€nger gegeben, sagt Projektleiter Antretter. „Man konnte den Effekt aber nie richtig quantifizieren, die Versuche basierten auf Trial and Error. So geriet das wieder in Vergessenheit.“ FĂŒr eine praktische Umsetzung gebe es noch einige offene Fragen, wie etwa Fragen zum Brandschutz. „Aus technischer Sicht steht einer Umsetzung aber nichts im Weg“, so Antretter.


Zur Person Thomas Antretter ist Professor an der MontanuniversitĂ€t Leoben und Leiter des Instituts fĂŒr Mechanik. Sein Forschungsinteresse gilt Computersimulationen von „Martensitischen“ PhasenĂŒbergĂ€ngen, Spannungen in Materialien und der Wechselwirkung von Mikrowellen mit Gestein. Antretter erhielt verschiedene Auszeichnungen, unter anderem den Adolf-Martens-Preis.


Wissenschaftliche Publikationen

Toifl, M.; Hartlieb, P.; Meisels, R.; Antretter, T.; Kuchar, F.: Numerical study of the influence of irradiation parameters on the microwave-induced stresses in granite. In: Minerals Engineering 103-104, pp. 78-92, 2017
Meisels, R., Toifl, M., Hartlieb, P., Kuchar, F., and Antretter, T: Microwave propagation and absorption and its thermo-mechanical consequences in heterogeneous rocks. In: International Journal of Mineral Processing, 135:40–51, 2015
Toifl, M., Meisels, R., Hartlieb, P., Kuchar, F., and Antretter, T.: 3D numerical study on microwave induced stresses in inhomogeneous hard rocks. In: Minerals Engineering, 90:29–42, 2016
Hartlieb, P., Toifl, M., Kuchar, F., Meisels, R., and Antretter, T.: Thermo- physical properties of selected hard rocks and their relation to microwave-assisted comminution. In: Minerals Engineering, 91:34–41, 2016