Mit Mikrowellen Granit brechen
Der Abbau von hartem Gestein wie Granit ist ein langwieriger, energieintensiver Prozess, egal ob im Bergbau oder im Tunnelbau. Dabei wird in mehreren Schritten vorgegangen: Zuerst mĂŒssen Risse im kompakten Fels erzeugt werden, wobei einzelne Brocken entstehen, die dann herausgelöst und abtransportiert werden können. In der Geschichte des Bergbaus wurde Ersteres oft mit Feuer gemacht â die Hitze sprengt das Gestein. Ein vom Wissenschaftsfonds FWF gefördertes, interdisziplinĂ€res Projekt der LehrstĂŒhle fĂŒr Mechanik, Physik und Bergbaukunde der MontanuniversitĂ€t Leoben hat nun eine moderne Variante dieser Strategie untersucht: Zum Erhitzen des Gesteins wird Mikrowellenstrahlung eingesetzt. âAlle gĂ€ngigen Abbaumethoden haben eines gemeinsam: Man möchte das Gestein zuerst brechen, also OberflĂ€chen erzeugen, aber nur ein geringer Teil der Energie geht wirklich in diese OberflĂ€chenschaffung. Der GroĂteil geht in Form von WĂ€rme verlorenâ, sagt Projektleiter Thomas Antretter vom Institut fĂŒr Mechanik der MontanuniversitĂ€t Leoben. Derzeit wird das Gestein entweder gesprengt oder rein mechanisch mit groĂen Maschinen aufgebrochen und abgetragen. âDas ist eine riesige Verschwendung von Energie. Wir wollen den mechanischen Abbauprozess nicht vollstĂ€ndig ersetzen, das ist nicht möglich. Aber wir können ihn erleichternâ, berichtet Antretter im GesprĂ€ch mit scilog.
25-mal stÀrker als ein Mikrowellenofen
Dass Mikrowellen zum Erhitzen genutzt werden können, ist aus dem Alltag bekannt. Weniger offensichtlich ist, dass auch Gestein erwĂ€rmt werden kann. âMan könnte tatsĂ€chlich einen Gesteinsbrocken in einen Mikrowellenofen legen und er wĂŒrde warm werdenâ, erklĂ€rt Antretter. âUm wirklich Risse zu erzeugen, braucht es aber höhere Energien.â FĂŒr die Praxistests wurde eine Anlage mit 25 Kilowatt Leistung verwendet, das ist etwa das 25-Fache eines Mikrowellenherds. Die Mikrowellen werden mit einem Applikator aufgebracht, der wie ein Schlauch aussieht â, ein Hohlleiter, in dessen Innerem die Mikrowellen transportiert werden.
Antretters Gruppe war fĂŒr die Simulationen zustĂ€ndig. âDie Simulationen waren relativ umfangreich, weil wir einerseits die elektromagnetischen VorgĂ€nge berechnen mussten, die Einstrahlung und die Ausbreitung der elektromagnetischen Welle, und dann daraus schlieĂen mussten, wie sich das Gestein erwĂ€rmt.â Antretter interessierte sich besonders fĂŒr Granit, der aufgrund seiner HĂ€rte besonders schwierig abzubauen ist. Granit besteht aus den Gesteinen Feldspat, Quarz und Glimmer. âDiese haben unterschiedliche Eigenschaften und erwĂ€rmen sich verschieden stark. Abgesehen davon unterscheiden sie sich auch in ihren elektrischen Eigenschaften, Mikrowellen werden unterschiedlich absorbiert.â Auch das habe zuerst berechnet werden mĂŒssen. âMit den Ergebnissen der Rechnungen zur Verlustleistung konnten wir dann eine mechanische Rechnung machenâ, erklĂ€rt Antretter. âDazu mĂŒssen wir berechnen, wie sich die Temperatur im Gestein zeitlich entwickelt. Davon ausgehend können wir die mechanischen Spannungen berechnen, wiederum als Funktion der Zeit.â Das wurde mit der kritischen Belastungsgrenze fĂŒr die einzelnen Gesteinsbestandteile verglichen, um festzustellen, wann das Gestein bricht und die gewĂŒnschten Risse entstehen.
Kurze Pulse effektiver
Thomas Antretters Team simulierte kurze, intensive Pulse von nur einer Zehntelsekunde und zum Vergleich lĂ€ngere Pulse mit geringerer IntensitĂ€t, die 100 Sekunden dauerten. Die eingebrachte Energie war in beiden FĂ€llen gleich. âIn den Simulationen zeigten die kurzen Pulse etwas mehr Effekt, bei gleicher Energiemengeâ, berichtet Antretter. Begleitend dazu gab es Versuche am benachbarten Lehrstuhl fĂŒr Bergbaukunde, der Zugriff auf eine Mikrowellenanlage hat. âDort wurden tatsĂ€chlich Gesteinsproben hineingelegt und bestrahlt, unter unterschiedlichen Bedingungen und Zeiten. Es hat sich herausgestellt, dass man diese Riss-Muster erzeugen kann, und sie stimmen gut mit dem ĂŒberein, was wir in der Simulation gefunden haben.â Die Idee, Mikrowellen zum Aufbrechen von Gestein zu verwenden, habe es schon lĂ€nger gegeben, sagt Projektleiter Antretter. âMan konnte den Effekt aber nie richtig quantifizieren, die Versuche basierten auf Trial and Error. So geriet das wieder in Vergessenheit.â FĂŒr eine praktische Umsetzung gebe es noch einige offene Fragen, wie etwa Fragen zum Brandschutz. âAus technischer Sicht steht einer Umsetzung aber nichts im Wegâ, so Antretter.
Zur Person Thomas Antretter ist Professor an der MontanuniversitĂ€t Leoben und Leiter des Instituts fĂŒr Mechanik. Sein Forschungsinteresse gilt Computersimulationen von âMartensitischenâ PhasenĂŒbergĂ€ngen, Spannungen in Materialien und der Wechselwirkung von Mikrowellen mit Gestein. Antretter erhielt verschiedene Auszeichnungen, unter anderem den Adolf-Martens-Preis.
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