Vor der Islamischen Revolution war der Iran ein Land, in dem die Religion eher zurückgedrängt wurde. Die Jüd:innen, die häufig einen wirtschaftlichen Aufstieg durchlebt hatten, lebten wie viele andere Iraner:innen säkular. Mit Religion hatte man wenig am Hut, die wirklich religiösen Jüd:innen galten auch unter ihresgleichen als rückständig. Als die Revolution kam, wanderten viele aus. Für viele war das ein materieller und sozialer Abstieg: Im Iran bewohnten sie große Häuser mit Dienstmädchen, in Israel stießen viele als „orientalische Jüd:innen“ auf Schwierigkeiten.
Religion kehrt zurück
Für die Jüd:innen, die im Iran bleiben, wird Religion zwangsläufig immer wichtiger. Alles geht nur mehr über religiöse Diskurse, und die Iraner:innen, für die Religion keine zentrale Rolle spielt, müssen nun ihr Jüdischsein betonen. „Alle, mit denen man spricht, sagen dasselbe: Sie seien durch die Revolution religiöser geworden“, sagt Sadjed. Dementsprechend gilt auch: Alles, was über die religiöse Schiene läuft, funktioniert. Die Jüd:innen haben Autonomie, es gibt Synagogen, koschere Restaurants und koschere Schlachter. Der offizielle iranische Diskurs ist: Die Jüd:innen im Land seien Iraner:innen, man bekämpfe nur den Zionismus. Auch die iranischen Jüd:innen, die geblieben sind, hätten ein kompliziertes Verhältnis zum jüdischen Staat. „Sie sagen, dass sie den Zionismus ablehnen. Aber natürlich wollen sie nach Israel fahren, wo sie Verwandte haben.“
Heute gibt es nicht mehr viele Jüd:innen im Iran. Die eigenständigen Traditionen wie die jüdisch-persische Sprache gehen verloren oder sind es bereits. Materiell geht es den Jüd:innen im Iran nicht schlecht. Die meisten sind Ärzt:innen oder Unternehmer:innen und wollen auch bleiben. „Es gibt schon rechtliche Formen der Diskriminierung im modernen Iran“, erklärt Sadjed. „Aber wie das in der Praxis ausgeübt wird, ist schwer zu sagen. Das ist meistens anders als in den offiziellen Dekreten.“