Das heißt, das Projekt will auch eine Antwort auf die Frage finden, warum wir eine höhere Skepsis und einen Vertrauensverlust gegenüber Fakten sehen?
Farkas: Die Antwort auf diese Frage wird komplex ausfallen und muss zu einem großen Teil von der Sozialwissenschaft, Geschichtswissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und anderen Disziplinen untersucht werden. Wir wollen analysieren, was genau geschieht, wenn Menschen den Glauben an Fakten verlieren. Ein Teil des Projekts befasst sich zum Beispiel mit der Frage, was passiert, wenn Menschen dem Begriff der Wahrheit mit Skepsis begegnen. Wenn ich zu Menschen, die sich nicht mit Philosophie beschäftigen, sage, dass Wissen das Erfassen der Wahrheit ist, werde ich oft gefragt: Woher wissen Sie, was Wahrheit ist? Die Leute sagen, Wahrheit ist relativ. Wenn man sagt, es gibt nur eine Wahrheit, empfinden sie das als imperialistisch und repressiv. Gleichzeitig stellen sie die Wahrheit aber nicht infrage, wenn sie ihre individuellen Überzeugungen vorbringen. Ein Teil des Projekts besteht darin zu verstehen, wie dies möglich ist.
Und wie wir dieser Vorstellung entgegenwirken können?
Farkas: Das ist ein sehr wichtiges Element, das wir im Bildungskontext berücksichtigen müssen: Wie vermitteln wir Wissen angesichts der Tatsache, dass sich das Wissen selbst verändert hat. Ein Teil unseres Projekts konzentriert sich daher auf konkrete Aktivitäten wie Mitarbeit an den Lehrplänen der Gymnasien und Förderung des kritischen Denkens in der frühen Schulbildung. Wir planen auch die Entwicklung von Volkshochschulkursen. Ein mögliches interessantes Thema sind die Vorteile und Herausforderungen der KI. Bildungsinitiativen sind daher ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit.
Wir werden auch öffentliche Veranstaltungen in allen vier Städten, in denen das Projekt angesiedelt ist, organisieren. Unserer Erfahrung nach sind Menschen der Philosophie gegenüber sehr aufgeschlossen, wenn die Fragestellungen richtig formuliert sind. Wir glauben im Geiste des Wiener Kreises, dass Forschung der beste Weg ist, um die aktuelle Krise zu bewältigen. Deswegen forschen wir zu der Frage, wie die Wissenschaft die Öffentlichkeit, Politik und Entscheidungsträger:innen besser erreichen und etwas bewirken kann.