Cover eines Kinderbuchs mit vielen Tierillustrationen
In dem Projekt "Indikina" wurde ein interaktives Kinderbuch entwickelt, das auf spielerische Weise ĂŒber Nahrungsmittelallergien aufklĂ€rt. © Claudia Bucek

In „Von Sternen und ErdnĂŒssen“ dreht sich alles um Lebensmittelallergien, die Kinder öfter als Erwachsene betreffen. Insgesamt sind allergische Reaktionen auf Nahrungsmittel nicht nur die hĂ€ufigste, sondern auch die gefĂ€hrlichste Form einer UnvertrĂ€glichkeit, da sie einen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen können. „Wir beobachten eine Zunahme von Allergien bei Kindern“, sagt Ines Swoboda. Sie leitet das Forschungszentrum „Molecular Biotechnology“ an der Hochschule Campus Wien. Es war ihr daher ein Anliegen, Kindern ein so komplexes Thema wie Allergien nĂ€herzubringen.

Die Vorlage und Idee fĂŒr das Buch liefert das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Forschungsprojekt „Immunantwort auf Fleischallergene“, bei dem Swoboda als Projektleiterin fungiert. In dem Projekt konnten erstmals Allergene aus weißem und rotem Fleisch identifiziert, mit gentechnischen Methoden neu zusammengesetzt und charakterisiert werden. DarĂŒber hinaus hat das Team um Swoboda im Projekt die KreuzreaktivitĂ€t zwischen Fleischallergenen und Allergenen aus anderen tierischen Nahrungsmitteln, wie zum Beispiel Fisch oder essbaren Insekten, analysiert.

ZusĂ€tzlich forscht die Arbeitsgruppe auch im Bereich respiratorischer Allergien. Sie untersucht, welche Rolle Zellen der Atemwege – die als Erste mit Allergenen in Kontakt treten – bei der allergischen Immunantwort spielen. Ein weiteres Projekt befasst sich mit Pollen der Brennnessel oder der Olive; hierbei sollen Allergene identifiziert werden, um bessere Diagnostika entwickeln zu können.

Kinderbuch-Illustration
Ein Nusskuchen bringt Oktopus Gerhard in Gefahr. © Claudia Bucek

Mehrere Kooperationspartner:innen wirkten mit

„Von Sternen und ErdnĂŒssen“ handelt von Gerhard, dem Oktopus, der auf der Reise zur Raumstation Guglhupf auf den Verzehr eines von seiner Astronautenfreundin Ebi gebackenen Kuchens mit AusschlĂ€gen und Atemnot reagiert. Doktorin Hase und Krankenschwester BĂ€rwin von der Krankenstation erkennen die Symptome als Erdnussallergie und behandeln sie erfolgreich. Das digitale Buch, das mittlerweile aufgrund der großen Nachfrage auch in gedruckter Form erhĂ€ltlich ist, enthĂ€lt interaktive Elemente, die Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren zum Mitlesen, Vorlesen oder Zuhören einladen.

Von Beginn an war ein transdisziplinĂ€res Team an dem Projekt fĂŒr Wissenschaftskommunikation beteiligt: Vertreter:innen von Open Science, einem Verein in Wien, der den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit fördert, der Softwarefirma Vienom und des Instituts fĂŒr Jugendliteratur.

„Es war mir wichtig, ein interaktives Buch zu schaffen, das fĂŒr alle zugĂ€nglich ist.“ Ines Swoboda

Der Auftakt des Vermittlungsprojekts – mit dem der FWF Wissenschaftler:innen dabei unterstĂŒtzt, kommende Generationen fĂŒr Forschung zu begeistern – erfolgte mit einem dreiteiligen Workshop fĂŒr Kinder von sechs bis zehn Jahren in einer Schule im 15. Bezirk in Wien. „Zuerst durften die Kinder pipettieren“, erzĂ€hlt Ines Swoboda, „Das war wohl der aufregendste Teil fĂŒr sie. Dann sprachen wir mit den Kindern ĂŒber Allergien, um herauszufinden, was sie bereits darĂŒber wussten.

Es war erstaunlich, wie vertraut sie mit dem Thema waren – fast alle kannten jemanden mit Allergien oder waren selbst betroffen“, stellte die Wissenschaftlerin fest. Am Ende des Workshops konnten die SchĂŒler:innen mithilfe eines Fragebogens ĂŒber Abbildungsstile und Schriftarten fĂŒr das Buchprojekt mitentscheiden. Dadurch erhielt das Projektteam eine Vorstellung davon, wie das Buch spĂ€ter aussehen sollte.

Nach der Zusammenarbeit mit den SchĂŒler:innen ĂŒbernahm eine Gruppe Studierender der Life Sciences und Medizin die Ausarbeitung des Kinderbuchs: Handlung, Schreiben und Illustration standen im Mittelpunkt der Arbeitsgruppen, um die Idee mit professioneller UnterstĂŒtzung der Kooperationspartner:innen zu gestalten und fertigzustellen. Leser:innen ab sechs Jahren erfahren so spielerisch den richtigen Umgang mit Nahrungsmittelallergien. Am Ende der Geschichte können die Kinder in einem Quiz ihr erworbenes Wissen testen.

Auch eine gedruckte Version entstand

„Zur Bewerbung des Buches haben wir uns schließlich an mehrere Medien gewandt. Alle wollten ein Exemplar von uns haben“, wundert sich die Forscherin. „Das war der Anlass, auch eine gedruckte Version herauszubringen.“ Diese wurde österreichweit an Schulen und Bibliotheken verteilt. Im November 2025 wird das Kinderbuch bei der Buch Wien vorgestellt: Geplant sind ein Workshop, eine Diskussion zum Thema Allergien und ein „Hands-on“-Teil, bei dem ein Skin-Prick-Test nachgespielt wird.

FĂŒr die Allergieforscherin war es wichtig, ein Buch zu schaffen, das ihre Forschung fĂŒr alle zugĂ€nglich macht und betroffene Kinder ĂŒber Allergien aufklĂ€rt. Das zeigt sie auf dem Bildschirm ihres BĂŒros im 10. Wiener Gemeindebezirk, wo Oktopus Gerhard gerade einen Ausschlag bekommt und um Luft ringt und bald darauf von seiner Freundin zur Krankenstation gebracht wird.

Wie kam es zu dieser Begeisterung fĂŒr Wissenschaftskommunikation? „Mein Enthusiasmus stammt aus der Zusammenarbeit mit Open Science“, erzĂ€hlt Swoboda. Gemeinsam mit dem Verein hat die Forscherin schon vor lĂ€ngerer Zeit eine Mitmachstation entwickelt. SpĂ€ter entstand die interaktive Wanderausstellung „Wechselwirkung/Wirkungswechsel“, die mehrere Jahre erfolgreich durch Österreich tourte.

Zur Person

Ines Swoboda studierte Genetik an der UniversitĂ€t Wien, absolvierte einen Forschungsaufenthalt an der University of Melbourne, Australien, und war mehr als zehn Jahre lang an der Medizinischen UniversitĂ€t Wien tĂ€tig. Seit September 2011 ist die Wissenschaftlerin als Gruppenleiterin an der Hochschule Campus Wien im Bereich Biotechnologie tĂ€tig und leitet dort eine eigene Forschungsgruppe sowie das Kompetenzzentrum fĂŒr Molecular Biotechnology. Mit ihrem Team untersucht Swoboda Mechanismen von Nahrungsmittelallergien tierischen Ursprungs sowie allergische Reaktionen des Atmungsapparates. Das Projekt fĂŒr Wissenschaftskommunikation „INDIKINA – ein interaktives, digitales Kinderbuch“ (2023–2026) wird vom Wissenschaftsfonds FWF mit 100.000 Euro gefördert.