Komasaufen unter Jugendlichen hat Auswirkungen auf die Knochen, wie eine Pilotstudie nahe legt. © Shutterstock

Wer regelmäßig und über lange Zeit Alkohol trinkt, schädigt nicht nur seine Organe, sondern tut auch den Knochen nichts Gutes. Alkoholsucht ist nachweislich ein Risikofaktor für Osteoporose. Die Knochenmasse baut ab und der Stoffwechsel des Knochens verschlechtert sich insgesamt. Eine Pilotstudie, die an der Medizinischen Universität Wien durgeführt wurde, legt nun nahe, dass sich exzessives Alkoholtrinken, sogenanntes Komasaufen, auch bereits bei Jugendlichen negativ auf das Knochengewebe auswirkt. Wer in der Jugend regelmäßig und exzessiv trinkt, könnte seine Knochen nachhaltig schädigen, noch bevor der Höhepunkt des Knochenaufbaus mit rund 20 Jahren erreicht ist. Über einen Zeitraum von zwei Monaten wurde an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, dem Kooperationspartner der Studie, jungen Schweinen zweimal wöchentlich ein ihrem Körpergewicht entsprechendes Alkohol-Apfelsaft-Gemisch zum Trinken gegeben. Eine Kontrollgruppe erhielt nur Apfelsaft. Zu verschiedenen Zeitpunkten entnahm ein Forscherteam rund um den Projektleiter Peter Pietschmann zunächst Serumproben und bestimmte verschiedene Marker des Knochen- und Muskelstoffwechsels.

Alkohol verringert Knochenaufbau

In einem zweiten Schritt wurden die Knochen zwei Monate nach Beginn der Alkoholgabe begutachtet. Dabei stellte das Projektteam Veränderungen des Knochens durch Alkohol fest. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich Vorgänge der Knochenneubildung verringern“, erklärt Peter Pietschmann im Gespräch mit scilog. Dazu haben die Forscherinnen und Forscher Knochenproben an für Brüche anfälligen Körperstellen entnommen, die sie sowohl mikroskopisch als auch mittels Mikro-Computertomografie untersuchten, um die Knochenstruktur, Umbauvorgänge und die Zahl der Knochenzellen zu analysieren. Auch Blutproben und histologische Untersuchungen führte das Team am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung (IPA) der Medizinischen Universität Wien durch. Neben den Veränderungen im Knochen zeigten die Blutproben verminderte Phosphor- und Kalziumspiegel, wie das auch beim Menschen typisch für Veränderungen durch Alkoholkonsum ist.

Langzeitfolgen des Komatrinkens

Aufgrund dieser Ergebnisse vermutet Pietschmann, dass Komasaufen auch bei Menschen langfristige Effekte auf die Funktion des Knochens hat. „Wenn sich unsere Hypothese, dass die Knochenformation durch das Trinken vermindert wird, weiter bewahrheitet, heißt das, dass die jungen Menschen, die dieses Problem haben, ihre Knochenmasse nicht so weit aufbauen können wie es normalerweise der Fall wäre.“ – Mit der Folge, dass das Risiko im späteren Alter an Osteoporose zu erkranken, erhöht sein könnte.

Immunologische Zusammenhänge

Pietschmann arbeitet bereits an der Planung eines Folgeprojektes, das auf den vorliegenden Daten aufbaut und die Erkenntnisse weiter vertiefen soll. „Wir haben jetzt die Untersuchungstechniken etabliert, das ist ein wichtiges Ergebnis unseres Pilotprojekts“, betont der Spezialist für Pathophysiologie und Rheumatologie. In seinen Untersuchungen zu Knochenerkrankungen interessiert sich der Grundlagenforscher auch für die Zusammenhänge von Knochenstoffwechsel und dem Immunsystem. Dem jungen Gebiet der Osteoimmunologie misst die Forschung immer mehr Bedeutung bei. Im Fall des chronischen Alkoholkonsums bedeutet das, dass Entzündungsprozesse, die in der Leber entstehen, möglicherweise  zusätzlich Auswirkungen auf die Knochen haben. Denn fast alle Entzündungsvorgänge gehen laut Pietschmann auch mit Knochenabbau einher.


Zur Person Peter Pietschmann ist Spezialist für Knochen-Pathophysiologie an der Medizinischen Universität Wien. Am dortigen Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung leitet er die „Bone Research Group“ mit Fokus auf den Bereich der Osteoimmunologie.


Publikationen

Meshcheryakova A, Mechtcheriakova D, Pietschmann P. Sphingosine 1-phosphate signaling in bone remodeling: multifaceted roles and therapeutic potential. Expert Opinion on Therapeutic Targets 2017 http://doi.org/cjzd
Föger-Samwald U, Vekszler G, Hörz-Schuch E, Salem S, Wipperich M, Ritschl P, Mousavi M, Pietschmann P. Molecular mechanisms of osteoporotic hip fractures in elderly women. Experimental Gerontology 2016 http://doi.org/f76b2k
Pietschmann P, Mechtcheriakova D, Meshcheryakova A, Föger-Samwald U, Ellinger I. Immunology of Osteoporosis: a Mini-Review. Gerontology 2016 http://doi.org/f3s4vb