Grüezi aus der Schweiz
Heute wissen wir, dass Krebszellen unglaublich vielfältig sind, dass es auch dort Zellen mit Stammzellcharakter gibt und dass kein Tumor gleich ist wie der andere. Das verlangt nach neuen Therapiekonzepten und viele dieser Ansätze zielen auf die therapeutische Nutzung körpereigener („gesunder“) Zellen im Tumorgewebe ab.
Tumormikromilieu im Fokus der Krebsforschung
Damit Tumoren wachsen und Metastasen entstehen können, bedarf es eines komplexen Zusammenspiels zwischen malignen und nicht-transformierten Körperzellen, die kollektiv das Tumormikromilieu bilden. Bindegewebszellen, sogenannte Fibroblasten, spielen da eine wichtige Rolle und fördern das Tumorwachstum auf unterschiedliche Art und Weise, beispielsweise durch Produktion von Wachstumsfaktoren und Unterdrückung der Immunantwort. Im Rahmen meines laufenden Erwin-Schrödinger-Stipendiums des Wissenschaftsfonds FWF untersuche ich anhand von Brustkrebs eine genetisch definierte Population an Tumor-assoziierten Fibroblasten, die für das Fortschreiten der Krankheit essenziell ist und darüber hinaus eine Nische für sogenannte Krebsstammzellen bildet. Das macht diese Zellen zu einer interessanten therapeutischen Zielstruktur vor allem auch hinsichtlich der Bekämpfung von Therapieresistenz und Wiederauftreten der Erkrankung. Warum es mich ausgerechnet ans Kantonsspital St. Gallen verschlagen hat, ist leicht erklärt: Hier werden weltweit einzigartige Modelle für die Erforschung bestimmter Fibroblasten-Populationen entwickelt.
Forschung verbindet Onkologie und Immunologie
Ein weiterer Grund für mich nach St. Gallen zu kommen, war die enorme immunologische Expertise, die am Standort vorhanden ist. Das Institut für Immunbiologie unter der Leitung von Professor Burkhard Ludewig ist seit vielen Jahren auf die Erforschung fundamentaler immunologischer Prozesse spezialisiert und bietet demnach eine hervorragende Umgebung für onkologisch-immunologische Fragestellungen. Tatsächlich ist zu beobachten, dass die Fachgebiete der Onkologie und Immunologie aktuell miteinander verschmelzen und dass immuntherapeutische Ansätze in der Krebsmedizin immer mehr an Bedeutung gewinnen. Für mich als Molekularonkologe war der Wechsel nach St. Gallen somit auch unter diesem Gesichtspunkt äußerst interessant und lehrreich.
Klein, aber fein
Das Kantonsspital St. Gallen ist der medizinische Versorger der Ostschweiz und bietet eine kleine, aber feine Forschungslandschaft. So sind lokale Kollaborationen mit anderen Fachbereichen und Departments nicht nur an der Tagesordnung, sondern auch sehr effizient und unkompliziert umsetzbar. Am Institut für Immunbiologie selber schätze ich neben der modernen Infrastruktur vor allem auch den freundlichen Umgang miteinander und den fachlichen sowie interkulturellen Austausch. Neben Immunolog/innen, Molekularbiolog/innen und Genetiker/innen sind hier auch Mediziner/innen und Bioinformatiker/innen beschäftigt, was die Arbeit zweifelsohne spannend macht und interdisziplinäre Synergien eröffnet.
Region St. Gallen – Bodensee
Auch privat „lässt es sich aushalten“ in St. Gallen, wie es der Österreicher beschreiben würde! Es handelt sich um eine kleine, aber dynamische Stadt, deren Ursprünge auf den Heiligen Gallus (um 600 n. Chr.) zurückgehen. Bekannt ist St. Gallen einerseits durch seine Historie als Textilindustriehochburg, andererseits durch die auf Wirtschaft spezialisierte Hochschule St. Gallen, die Weltruf geniesst. Sehenswert ist neben der Altstadt vor allem auch die Jahrhunderte alte und im Barockstil gehaltene Stiftsbibliothek. Kulinarisch wartet St. Gallen mit der Olma-Bratwurst auf, die tatsächlich sehr gut schmeckt und klassischerweise im Pergamentpapier samt ‚Bürli‘-Brot serviert wird. – Ein absolutes No-Go ist allerdings die zusätzliche Verfeinerung mit Senf, wie das in anderen Ländern üblich ist. Auch für Sportler/innen und Outdoor-Fans hält St. Gallen einiges bereit. – Man befindet sich nicht nur inmitten der Alpen, sondern ist auch in kurzer Zeit am Bodensee, dem ein (annähernd) mediterranes Klima nachgesagt wird.
Vielen Dank!
Nicht zuletzt möchte ich die Gelegenheit nutzen und dem FWF ein herzliches Dankeschön für die zuerkannten Fördermittel aussprechen – oder auf Schweizerdeutsch merci viilmool! Ohne die Unterstützung des Wissenschaftsfonds wäre es vielen jungen, ambitionierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern de facto nicht möglich, an internationale Top-Forschungsstätten zu kommen und vielversprechende Projekte zu realisieren. Diese Art der Forschungsförderung sollte daher für weitere Generationen unbedingt erhalten bleiben –, auch um den Wissenschafts- und Innovationsstandort Österreich dauerhaft zu stärken. Ein weiterer Dank gilt Professor Burkhard Ludewig für die optimale Betreuung am Standort St. Gallen sowie Professor Günther Gastl von meinem ‚Heimatdepartment‘, der Inneren Medizin V der Medizinischen Universität Innsbruck, der dieses Projekt während der Planungs- und Einreichphase vollumfänglich unterstützt und somit letztlich auch ermöglicht hat.