Bewegung beugt GefĂ€ĂŸerkrankungen vor und ist auch eine wirksame Therapie. Neu entwickelte Technologien zur detaillierten Darstellung von BlutgefĂ€ĂŸen erlauben nun bessere Diagnosen von verengten und blockierten Adern. © Photographee.eu

Verschlusserkrankungen von Adern stellen ein massives Gesundheitsrisiko dar. Verschiedene Möglichkeiten zur Behandlung (Dehnung, Stent, Bypass) erlauben gute Heilungschancen. Zur Therapieplanung ist aber eine umfassende Analyse des Blutflusses durch alle peripheren BlutgefĂ€ĂŸe notwendig. Als Goldstandard dafĂŒr gilt die sogenannte CT-Angiografie, doch werden bei dieser tausende von Bildern erstellt, deren Auswertung herausfordernd ist. Expertinnen und Experten aus Medizin und Informatik haben nun in einem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF zusammengearbeitet, um diese Auswertungen drastisch zu vereinfachen.

Ein Blick zum Einblick

Milos Ć rĂĄmek, der das Projekt an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften leitete, zu den wesentlichen Zielen: "Die Abbildung eines GefĂ€ĂŸinnenraums ist mittels CT gut möglich, schwierig wird es aber, wenn die GefĂ€ĂŸe ihre Orientierung Ă€ndern oder sich verzweigen. Auch eine vollstĂ€ndige 3D-Visualisierung war bisher nicht leicht. Die von uns entwickelten Techniken erlauben nun genau die Darstellung dieser Aspekte." Grundlage dafĂŒr war die gemeinsame Arbeit mit Teams an der Technischen UniversitĂ€t Wien und der Medizinischen UniversitĂ€t Wien, die zu zwei bahnbrechenden Entwicklungen fĂŒhrte. Zum einen die sogenannte "Centerline Reformation" und zum anderen die "Curved Surface Reformation".

Leitlinie

Die „Centerline Reformation“ basiert auf neuen Algorithmen zur Bildverarbeitung, die es erlauben, das Innere von BlutgefĂ€ĂŸen auch dann kontinuierlich darzustellen, wenn diese ihre rĂ€umliche Orientierung Ă€ndern. Dazu RĂŒdiger Schernthaner von der UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Radiologie und Nuklearmedizin der Medizinischen UniversitĂ€t Wien: "TatsĂ€chlich können wir mit dieser Technik sogar das Lumen von GefĂ€ĂŸen der Lunge oder des Gehirns ĂŒberlagerungsfrei visualisieren, was bisher auf Grund starker Windungen als extrem schwierig galt." Doch perfekt ist die Technik noch nicht, wie Schernthaner betont. Neben bekannten Artefakten, die jedem Bildgebungsverfahren innewohnen, muss besonders die Darstellung von mehreren GefĂ€ĂŸen gleichzeitig optimiert werden.

Neue Dimension

Die "Curved Surface Reformation" baut auf der "Centerline Reformation" auf und ermöglicht eine komplette 3D-Visualisierung des GefĂ€ĂŸinnenraums. Dabei sind die rĂ€umliche Orientierung und die Lage des GefĂ€ĂŸes vollkommen egal. Grundlage der Methode ist das sogenannte Ray-Casting-Verfahren, das eine schnelle Visualisierung von Volumina ermöglicht.

Wandbetrachtung

Besonders stolz sind die Projektteilnehmer darauf, dass es gelang, noch eine weitere klinisch wichtige Funktion zu ermöglichen. Eduard Gröller vom Arbeitsbereich Computergraphik der Technischen UniversitĂ€t Wien betont: "Wir konnten die ‚Curved Surface‘ Reformation dahingehend weiterentwickeln, dass zusĂ€tzlich zum GefĂ€ĂŸinnenraum die angrenzenden anatomischen Strukturen verzerrungsarm mit dargestellt werden. Dies erlaubt bei der Untersuchung der GefĂ€ĂŸe gleichzeitig auch auf andere pathologische Anomalien mit achtzugeben." Entscheidend dafĂŒr war ein als ‚Level-of-Detail‘ bezeichneter Ansatz, der hochgenaue Informationen nahe der Zentrallinie eines GefĂ€ĂŸes berechnet.

Super View

Weitere Entwicklungen des Teams umfassen intelligente Darstellungsmethoden, die es z. B. erlauben, das gesamte Volumen eines GefĂ€ĂŸes in einem einzigen Bild zu zeigen. Dies ist eine Möglichkeit, die eine rasche Beurteilung des Blutflusses im gesamten GefĂ€ĂŸ zulĂ€sst. Die Projektteilnehmer wissen auch um die Schwierigkeit, aus der Vielzahl an Darstellungsmöglichkeiten die fĂŒr den Moment am besten geeignete herauszufinden – und so wurde der Smart-Super-Views-Ansatz entwickelt. Dieser sucht automatisch aus dem Angebot an verfĂŒgbaren Bildern jene heraus, die fĂŒr die Beurteilung einer gegebenen Körperregion am besten geeignet sind und stellt diese so dar, dass die Signifikanz fĂŒr die Diagnose sofort erfasst werden kann. Diese in der Grundlagenforschung entwickelten Methoden sind bereits Teil des Klinikalltags. Derzeit kommen sie bei mehr als 600 FĂ€llen pro Jahr zur Anwendung und helfen, Leben zu retten.


Zur Person Milos Ơrámek forscht am Gregor Mendel Institute of Molecular Plant Biology der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sein spezielles Interesse gilt der Verarbeitung, dem Modelling und der Visualisierung von 2D- und 3D-Daten. Auf diesem Gebiet forschte er zuvor auch am Center for Visual Computing in den USA.


Publikationen und BeitrÀge

New hybrid reformations of peripheral CT angiography: do we still need axial images? R.E. Schernthaner, F. Wolf, G. Mistelbauer, M. Weber, M. Ć rĂĄmek, E. Gröller, C. Loewe Clinical Imaging. 2015 Jul – Aug; 39(4): 603 – 7. http://doi.org/f3s22h
Accuracy and time-efficiency of multi-path curved planar reformations in the evaluation of low-dose CT angiography of the peripheral arteries. M.M. Schreiner, C. Loewe, S. Unterhumer, M. Weber, G. Mistelbauer, M. Ć rĂĄmek, E. Gröller, and R.E. Schernthaner. In ECR 2015 Book of Abstracts – B – Science Sessions and Late-Breaking Clinical Trials, pages B – 0632, March 2015