Junge Forscherin im Labor mit Pflanzen im Vordergrund
Kathrin Göritzer im Skylab Greenhouse am Dach der St. George’s University of London. © Cathy Moore

Während meiner Doktorarbeit hatte ich die Gelegenheit, sechs Monate an der University of Alabama in den USA zu verbringen. Diese Erfahrung hat mir eindrucksvoll gezeigt, wie wertvoll es ist, andere Bildungssysteme und Forschungsumfelder kennenzulernen, um den eigenen Horizont zu erweitern. Daher war es für mich besonders wichtig, weitere Auslandserfahrung während meiner Postdoc-Zeit zu sammeln. Professor Julian Ma, Gutachter meiner Doktorarbeit, bot mir daraufhin eine Postdoc-Stelle an der St. George’s University of London im Rahmen eines „European Horizon 2020“-Projektes an. Die Möglichkeit, in einer der führenden Forschungsgruppen im Bereich des „Molecular Pharming“ zu arbeiten, war eine fantastische Gelegenheit für mich. „Molecular Pharming“ ist ein aufstrebender Teilbereich der Biotechnologie, der sich mit der Entwicklung von pflanzenbasierten wirksamen Substanzen wie Antikörpern oder Impfstoffen beschäftigt. Zur Herstellung werden Pflanzen als effiziente und kostengünstige biologische Systeme genutzt.

Wo sich Forschung und Realität kreuzten

Mein Umzug nach London im Frühjahr 2020 lief erstaunlich glatt, und ich fand mich schnell in der neuen Forschungsgruppe zurecht. Doch kaum angekommen, stellte die Pandemie mein Leben auf den Kopf. St. George’s, als medizinische Universität auf dem Gelände eines der größten Krankenhäuser des Landes, liegt im Südwesten Londons, mitten in einer der von der Pandemie am härtesten getroffenen Communitys. Strenge Sicherheitsmaßnahmen und limitierte Laborzeiten bestimmten plötzlich den Alltag. Aber die Ruhe in der sonst so lebhaften Stadt gab mir die Chance, mich voll auf einen Schrödinger-Antrag zu konzentrieren. Meine Ideen zur Entwicklung von Immunglobulin A gegen Infektionskrankheiten waren plötzlich hochaktuell.

Die Erwin-Schrödinger-Stipendiatin Kathrin Göritzer forschte an der St. George’s University of London und entwickelte pflanzenproduzierte mukosale Antikörper gegen Covid-19. Derzeit setzt sie als Postdoktorandin an der BOKU Wien ihre Arbeit an pflanzenbasierten therapeutischen Antikörpern, insbesondere im Kontext der mukosalen Immunität, fort.

Zeit für Begegnungen

Die Zeit nach dem Lockdown war intensiv – lange Arbeitstage und ein ordentliches Arbeitspensum. Das Labor war dabei aber nicht nur ein Ort intensiver Arbeit, sondern auch ein Ort großartiger Teamarbeit und Begegnungen. Dazu trugen flache Hierarchien und eine kollegiale Atmosphäre bei, unterstützt durch zahlreiche Afterwork-Pints in der hauseigenen Bar und zahlreiche Public-Engagement-Aktivitäten wie die „Long Night of Science“ im Science Museum London. Nach der kritischsten Phase der Pandemie pendelte sich dann eine angenehmere Work-Life-Balance ein. Die freie Zeit konnte ich nun zur Entdeckung des vielfältigen und bunten London nutzen oder für ausgedehnte Küstenwanderungen.

Prägende Erfahrungen

Mein Schrödinger-Auslandsaufenthalt in London ermöglichte mir, eigenständig in einem dynamischen Forschungsumfeld zu arbeiten. Die einzigartige Konstellation des Ma Labs als „Molecular Pharming“-Gruppe an einer medizinischen Universität mit Fokus auf translationale Forschung verschaffte mir tiefere Einblicke in die Immunologie und klinische Forschung. Diese Gelegenheit ermöglichte mir, bedeutende Netzwerke aufzubauen und die Begeisterung für eigenständige Forschung zu entdecken. Die Zeit in London war für mich eine prägende Etappe, in der ich großartige Menschen kennengelernt und wichtige Schritte in meiner wissenschaftlichen Karriere gemacht habe.

Kathrin Göritzer beschäftigt sich mit der Entwicklung von Therapien gegen Infektionskrankheiten und Krebs. Dabei nutzt sie Pflanzenbiotechnologie und Glyko-Engineering zur Herstellung komplexer therapeutischer Proteine. Sie promovierte in Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien und untersuchte dabei Struktur-Funktionsbeziehungen von Immunglobulin A.