Dementsprechend unterschiedlich ist auch ihre Spezialisierung auf Bestäuber. „Die meisten Spezies nutzen zwar Bienen und die – auch bei uns verbreitete – Vibrationsbestäubung, bei der die Bienen durch eine vibrierende Bewegung den Pollen aus der Pflanze lösen. Bei den Merianieae hat die Evolution aber dafür gesorgt, dass ein Teil der Arten die Bestäubergruppe hin zu Vögeln, Mäusen und Fledermäusen gewechselt hat“, schildert Schönenberger. „Das macht diese Gruppe für unsere Forschung so interessant.“
Feldforschung in den Nebelwäldern der Anden
Ein großer Teil des Projekts bestand aus Feldforschungen in Ecuador und Costa Rica. „Es ging darum, die verschiedenen Pflanzenspezies zu finden, zu untersuchen und zu beobachten“, erläutert Dellinger. „Wir konnten im Zuge der Expeditionen 30 Arten vor Ort dokumentieren.“ Inklusive der Leihgaben von konservierten Blüten aus bestehenden Sammlungen konnten morphologische Daten, also Daten über Form und Struktur der Blüten, von 140 Spezies gesammelt werden. Zum Teil wurde die DNA der Pflanzen extrahiert, um ihr Verwandtschaftsverhältnis zu bestimmen. In einzelnen Experimenten wurden Exemplare sogar von Hand bestäubt.
Bestehenden Theorien zufolge passt sich eine Pflanzenart im Verlauf ihrer Evolution an die für sie effizienteste Bestäubergruppe an. Die Auswertungen der gesammelten Daten zu den Merianieae zeigen, dass diese Anpassung stark vom vorhandenen Klima geprägt ist. Oft ist die Höhenlage ausschlaggebend: „In den warmen und trockenen Klimazonen im Tiefland, aber auch in sonnigen und windgeschützten Lagen weiter oben ist die Bienenbestäubung vorherrschend. In den Berg- und Nebelwäldern kommen dagegen sehr oft Kolibris, aber auch andere Wirbeltiere zum Zug“, skizziert Dellinger. „Gerade in Gegenden mit hoher Feuchtigkeit sind wenige bienenbestäubte Arten zu finden.“ Die Ergebnisse legen zudem nahe, dass auch der Klimawandel Einfluss auf dieses Gefüge hat – hier bedarf es allerdings noch weiterer Forschung.