Diabetes Zuckermessung
FĂŒr an Diabetes Erkrankte ist Intervallfasten eine gute Option, den Blutzucker zu regulieren und Gewicht zu reduzieren, wie eine klinische Studie belegt. © unsplash+

Ungesunde ErnĂ€hrung und Bewegungsmangel fĂŒhren nicht nur zu Übergewicht. Immer öfter entsteht auch eine Insulinresistenz im Körper – mit der Folge, dass der Blutzucker dauerhaft hoch bleibt. Die Diagnose lautet dann Diabetes Typ 2. Er ist ein hĂ€ufiger Auslöser von Herz- und GefĂ€ĂŸerkrankungen bis hin zu Herzinfarkt und Schlaganfall. Patient:innen in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium können schließlich auf tĂ€gliche Insulininjektionen angewiesen sein. Genaue Erhebungen darĂŒber, wie verbreitet die Stoffwechselerkrankung in Österreich ist, fehlen nach wie vor. SchĂ€tzungen gehen von bis zu 800.000 FĂ€llen aus, was etwa neun Prozent der Bevölkerung entspricht. Expert:innen sind sich aber einig, dass die Zahl der Betroffenen, die an dieser auch vom Lebensstil abhĂ€ngigen Erkrankung leiden, stark ansteigen wird.

„In der Behandlung von Typ-2-Diabetes spielt Gewichtsreduktion eine wesentliche Rolle. Sehr hĂ€ufig kann damit eine Verbesserung des Zuckerstoffwechsels erreicht werden“, erklĂ€rt Harald Sourij, Professor fĂŒr InterdisziplinĂ€re Metabolische Medizin der Medizinischen UniversitĂ€t Graz. Deshalb haben er und sein Team sich in einem vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten und kĂŒrzlich abgeschlossenen Projekt der Untersuchung einer DiĂ€tform gewidmet, die in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt hat: dem intermittierenden Fasten, landlĂ€ufig oft Intervallfasten genannt. Gewöhnlich wird dabei an jedem zweiten Tag ohne EinschrĂ€nkung, an den Tagen dazwischen nur gefrĂŒhstĂŒckt oder nichts gegessen.

„Uns hat interessiert, ob diese Art der ErnĂ€hrungsintervention bei Patient:innen mit Diabetes, die bereits Insulin spritzen, funktioniert und sicher ist“, skizziert der Mediziner die Forschungsfrage. „Denn von Kritiker:innen der DiĂ€tform wird oft die Angst geĂ€ußert, dass an den Fastentagen ein gefĂ€hrlicher Unterzucker entstehen könnte.“ Dass klinische Studiendaten zum intermittierenden Fasten fehlen, ist wenig ĂŒberraschend. Von kaum einer der zahlreichen DiĂ€tformen – nicht einmal von jenen, die speziell fĂŒr Menschen mit Diabetes angeboten werden – sind gute Daten zu Erfolgsaussichten und Sicherheit vorhanden.

Patient:innen mit fortgeschrittener Erkrankung

FĂŒr ihre Studie wurden von Sourij und Kolleg:innen insgesamt 46 Personen rekrutiert. Sie alle litten bereits an einer fortgeschrittenen Form der Erkrankung und mussten bereits höhere Insulindosen zufĂŒhren. Die Teilnehmenden wurden zufĂ€llig in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe bekam ErnĂ€hrungsvorgaben, die einem intermittierenden Fasten entsprachen: Die Proband:innen durften am Montag, Mittwoch und Freitag bis zu Mittag 500 Kalorien zu sich nehmen, was einem normalen FrĂŒhstĂŒck entspricht. Danach gab es jeweils bis zum folgenden Morgen gar keine Kalorienzufuhr, woraufhin der restliche Tag keinen EinschrĂ€nkungen unterlag. Gleichzeitig wurde die Insulintherapie einem einfachen Schema folgend an den DiĂ€trhythmus angepasst. Die Kontrollgruppe erhielt dagegen lediglich eine Beratung ĂŒber ErnĂ€hrungsempfehlungen bei Diabetes.

Die beiden Gruppen wurden wĂ€hrend der auf drei Monate angelegten Studiendauer genau ĂŒberwacht. RegelmĂ€ĂŸig wurden Laborparameter zu Blutzucker, Fettstoffwechsel und Organfunktionen erhoben sowie, wenn erforderlich, auch die Insulintherapie angepasst. Gleichzeitig trugen alle Studienteilnehmenden Glukosesensoren, die hochaufgelöste, kontinuierliche Daten zum Glukoseverlauf sammelten. Damit war einerseits kontrollierbar, ob die vorgegebenen Fastenintervalle eingehalten wurden, andererseits, ob sich der Essrhythmus in positiver oder negativer Weise auf die Werte auswirkt.

Nach den drei Monaten folgte die Auswertung. Die Ergebnisse sind eindeutig: „Die Werte zum Durchschnittszucker haben sich in der Fastengruppe signifikant verbessert. Zudem nahmen die Proband:innen durchschnittlich knapp fĂŒnf Kilogramm Körpergewicht ab“, fasst Sourij zusammen. „In der Kontrollgruppe gab es dagegen weitgehend unverĂ€nderte Blutzucker und GewichtsverlĂ€ufe.“ Gleichzeitig konnten auch die BefĂŒrchtungen entkrĂ€ftet werden, dass die DiĂ€tform den Patient:innen schade. „Wesentlich fĂŒr uns war, dass wir bei keiner der Proband:innen einen schweren Unterzucker feststellen konnten. Wir wissen nun, wie man die Insulindosis anpassen muss und dass es sicher ist“, resĂŒmiert der Stoffwechselexperte. FĂŒr die an Diabetes Erkrankten kommt damit eine valide DiĂ€toption dazu, mit der viele Menschen besser zurechtkommen als mit einer kontinuierlichen Kalorienreduktion. Ärztliche Begleitung ist dabei aber jedenfalls anzuraten.  

Abnehmen mit Langzeitwirkung

Die Datenerhebung im Zuge des Projekts geschah bereits vor zwei Jahren. Die Proband:innen von damals wurden nun erneut untersucht, um die Langzeiteffekte der DiĂ€t zu erheben. Auch hier zieht der Mediziner eine positive Bilanz: „Die Zweijahresdaten zeigen, dass sich bei den Personen der Fastengruppe die Gewichtsreduktion auch weiterhin feststellen lĂ€sst. Der Erfolg war also durchaus langfristiger Natur.“ Mittlerweile ist auch eine Nachfolgestudie in Planung. In der neuen Untersuchung soll der Faktor Bewegung miteinbezogen werden. Sourij: „Wir wollen untersuchen, wie die Gewichtsabnahme durch intermittierendes Fasten durch sportliche BetĂ€tigung noch weiter unterstĂŒtzt werden kann – und wie sich die Bewegung auf Zucker- und Insulinwerte, aber auch auf die Motivation der Menschen mit Typ-2-Diabetes auswirkt.“ Die von 2020 bis 2023 durchgefĂŒhrte Studie „Intermittierendes Fasten bei Typ-2-Diabetes“ wurde vom Wissenschaftsfonds FWF mit 335.000 Euro unterstĂŒtzt.

Publikationen

Obermayer A., Tripolt NJ, Pferschy PN et al.: Efficacy and Safety of Intermittent Fasting in People With Insulin-Treated Type 2 Diabetes (INTERFAST-2)-A Randomized Controlled Trial, in: Diabetes Care 2023

Tripolt NJ, Hofer SJ, Pferschy PN et al.: Glucose Metabolism and Metabolomic Changes in Response to Prolonged Fasting in Individuals with Obesity, Type 2 Diabetes and Non-Obese People-A Cohort Trial, in: Nutrients 2023

Zur Person

Harald Sourij ist Endokrinologe und Diabetologe an der Medizinischen UniversitĂ€t Graz. Dort leitet er die Forschungseinheit fĂŒr InterdisziplinĂ€re Metabolische Medizin. Zu seinen frĂŒheren Karrierestationen zĂ€hlt die Position als Senior Clinical Researcher an der Diabetes Trials Unit der UniversitĂ€t Oxford in Großbritannien.