Schrödinger-Stipendiat Michael Wallner unterwegs in Bordeaux. © Privat

Als Mathematiker hat man die einzigartige Gelegenheit in einem Gebiet zu arbeiten, in der Aussagen entweder richtig oder falsch sind. Meine privaten Entscheidungen können natürlich vielseitiger beurteilt werden, doch war es für mich jedenfalls die richtige Entscheidung, die Gelegenheit zu nützen und mich für ein Schrödinger-Stipendium zu bewerben. Ich bin über diese Möglichkeit sehr dankbar, da ich auf diesem Weg mit einer exzellenten Forscherin meines Fachgebiets zusammen arbeiten kann.

Vom vorhandenen Netzwerk profitieren

Vor meinem Aufenthalt hier in Bordeaux war mir nicht bewusst, dass ich zusätzlich zu meiner Tätigkeit mit Mireille Bousquet-Mélou von der Université de Bordeaux auch von der Zusammenarbeit mit einem Team von erstklassigen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern so stark würde profitieren können. Mittlerweile scheint mir klar, dass ein/e gute/r Forscher/in als idealer Multiplikator für Wissen und interdisziplinären Austausch dienen kann. Ich habe dadurch die Möglichkeit, mit vielen neuen Leuten zu interagieren und beispielsweise in wöchentlichen Seminaren von anderen zu lernen sowie meinen eigenen Fortschritt zu präsentieren. Meine letzte Präsentation handelte vom Zählen und Erzeugen von evolutionären Historien von Genfamilien, wobei dies ein Thema ist, welches ich erst hier in Frankreich für mich entdeckt habe. Meine ursprüngliche Forschungsfrage, welche ebenfalls beinahe gelöst ist, widmete sich dem Zählen von höherdimensionalen Pfaden mit speziellen Randbedingungen. Die Pfade stellen in diesem Zusammenhang eine mögliche, diskrete Aufzeichnung von Beobachtungen dar, wobei die erlaubten Veränderungen jeweils vordefiniert sind.

Neue Verbindungen knüpfen

Mit diesen mathematischen Detailfragen beschäftigt sich weltweit nur eine Handvoll Leute. So habe ich mich nach meinem Doktorat an der Technischen Universität Wien auf die Reise nach Taiwan begeben, um dort mit einem Experten zusammenzuarbeiten. Nach einem Zwischenstopp in Paris, war mein nächstes örtliches Ziel wieder durch eine Person definiert, und so hat es mich nach Bordeaux verschlagen. Neben dem Austausch auf der Université de Bordeaux kann ich auch mein Netzwerk erweitern und bei zahlreichen Seminaren in Frankreich teilnehmen sowie kleine Gastvorträge an anderen Universitäten halten. Dies ermöglicht mir, neben dem mathematischen Austausch, auch den südländischen Lebensstil und die berühmte französische Küche kennenzulernen.

Bordeaux als Stadt des Weins

Wenn Fachfremde von mir erfahren, dass ich mich derzeit in Bordeaux aufhalte, so ist die Frage meist, ob ich wegen des Weins hier sei. Wenn ich dann meine wahre Motivation nenne, sind viele überrascht über die Bedeutung der Forschung hier inmitten dieser weltbekannten Weinregion. Und auch in meinem Umfeld kann Letzteres durchaus die Entscheidung für einen Besuch erleichtern. Auch ich würde lügen zu behaupten, dass sich mein Wissen nur rein mathematisch erweitert hätte. So habe ich etwa gelernt, dass es in den meisten Chateaux (die keine Schlösser sein müssen, sondern einfach zum jeweiligen Weingut gehören) nur eine Weinsorte gibt, welche meist eine Cuvée ist, da laut lokalem Weinbau ein voller Charakter erst durch die richtige Mischung entstehen kann. Eben diese Mischung aus Know-how und Austausch trägt auch für mich in der Forschung wesentlich zu meinem Erfolg bei. Ich bin dem FWF sehr dankbar, mich auf diese Art und Weise weiterentwickeln zu dürfen und reifen zu können und kann jedem jeder jungen Wissenschafterin und jungen Wissenschafter nur ans Herz legen, einen Blick über den Tellerrand zu wagen.