Mathematiker und Schrödinger-Stipendiat Fabian Mußnig unterwegs in Florenz. © privat

Nach meinem Doktorat in Technischer Mathematik und einem Zwischenstopp als Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik begann ich, als Assistent an der Technischen Universität Wien zu arbeiten. Dabei wurde mir schnell klar, dass eine längerfristige Karriere im akademischen Bereich nur mit Auslandserfahrungen möglich ist. Daher ging ich zuerst für ein Jahr an die Tel Aviv University, von wo aus ich als nächsten Schritt ein Schrödinger-Stipendium anstrebte.

In meinem Forschungsgebiet spielen sogenannte intrinsische Volumina eine zentrale Rolle, welche einem konvexen Körper eine Zahl zuordnen. Spezialfälle sind das Volumen und die Oberfläche. Vor Kurzem konnte ich gemeinsam mit Koautoren neue funktionale Versionen dieser Kenngrößen etablieren. Da für die klassischen intrinsischen Volumina eine Reihe fundamentaler Ungleichungen bekannt ist, wollte ich herausfinden, ob dies auch für die neuen, funktionalen Versionen der Fall ist. Ich wusste, wo ich die idealen Ansprechpartner:innen für dieses Forschungsvorhaben finden würde, denn die Universität Florenz sowie einige Professor:innen vor Ort waren mir bereits durch mehrere kürzere Forschungsaufenthalte in der Vergangenheit vertraut.

Die Tafel, die Bar und neue Resultate

Somit konnte ich meinen Aufenthalt im Oktober 2020 in Florenz beginnen, mitten in der Coronapandemie also. Im Vergleich zu meinem letzten Besuch wirkte die Universität zunächst recht verlassen – Distance-Learning und Homeoffice beherrschten den Alltag. Umso mehr war ich erstaunt, als ich feststellte, dass in den Gästebüros kein Platz mehr frei war. Der Grund waren neue Kapazitätsregeln. Aber ich hatte Glück – ein Schreibtisch im Büro eines befreundeten Professors wurde frei, mit dem ich in der Vergangenheit bereits zusammengearbeitet hatte. Da seine private Internetverbindung nicht den Anforderungen des Pandemiealltags gerecht wurde, war er im Gegensatz zu vielen Kolleg:innen beinahe täglich im Büro, in dem es übrigens auch eine Tafel gibt. Das waren ideale Voraussetzungen für viele spannende und teilweise auch spontane mathematische Diskussionen, die schon bald erste Resultate zutage bringen sollten. Schnell gewöhnte ich mich auch an die täglichen Cappuccini in der Bar nebenan, wo im Laufe des Vormittags vermutlich der Großteil des anwesenden Departments vorbeischaute.

Aufgrund der Pandemie konnten auch viele wissenschaftliche Konferenzen nicht wie geplant stattfinden. Im Sommer 2021 hatte ich jedoch die Möglichkeit, im wunderschönen Cetraro sowie in Bad Herrenalb viele Kolleg:innen zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in Person zu treffen. Dabei konnte ich Kooperationen, die virtuell begonnen hatten, gemeinsam an der Tafel fortführen.

Erfahrungen fürs Leben

Meine Zeit in Florenz genoss ich sehr, vor allem auch in kulinarischer Hinsicht. Zudem erfreute ich mich am milden Winter sowie entspannenden Laufeinheiten im Parco delle Cascine. Meine Frau, Doktorandin an der Universität Wien, blieb während dieser Zeit in Österreich. Damit waren trotz der geografischen Nähe regelmäßige gegenseitige Besuche aufgrund der Pandemie nicht möglich. Umso mehr wusste ich jedes Treffen zu schätzen. Bei diesen konnten wir dann gemeinsam die Museen, Kathedralen und Märkte besuchen und bei einem Ausflug das eine oder andere Eis verkosten. Auch eine Küstenwanderung in Cinque Terre stand auf dem Programm. Insgesamt bin ich für die vielen wissenschaftlichen und auch persönlichen Erfahrungen sehr dankbar, die ich in 12 Monaten Florenz sammeln konnte. Diese Stadt wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.