Unterwegs

Bonjour, Habari Gani – Zwischen Bordeaux und Tansania

Birgit Englert
Birgit Englert unterwegs in Bordeaux und Tansania Quelle: Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert
Birgit Englert

Als in Österreich arbeitende Afrikawissenschafterin ist internationale Erfahrung etwas ziemlich Unausweichliches, weshalb ich bereits während meines Studiums ein Jahr an der University of London verbracht habe. Mein Schrödinger-Stipendium führte mich nicht nur nach Frankreich an die Université Bordeaux III, sondern auch für zwei mehrwöchige Aufenthalte zurück nach Tansania, wo ich insgesamt bereits ein gutes Jahr zu Forschungszwecken verbracht hatte. Mein Projekt zu tansanischer Jugendkultur ist angedockt an das mehrjährige interdisziplinäre Forschungsprojekt „Dimensions de l’objet swahili: textes et terrains” unter der Leitung des Literaturwissenschafters Alain Ricard und des Geografen François Bart. Die beiden haben in Bordeaux einen Forschungsschwerpunkt zu Tansania aufgebaut, was in Frankreich mit seiner kolonial bedingten Affinität zu Westafrika eher unüblich ist.

Im Unterschied zu Wien gibt es an der Uni Bordeaux sehr viele Kolleginnen und Kollegen afrikanischer Herkunft – Forschende wie Studierende –, was ich als
große Bereicherung empfinde. Weniger begeistern mich die starken Hierarchien und vielen Formalitäten, die noch komplizierter als in Wien erscheinen. Die meisten Kolleginnen und Kollegen sind aber sehr herzlich und ich werde von beiden Projektleitern immer wieder mal nach Hause zum Essen eingeladen
und neuen Leuten vorgestellt. Auch ein Workshop unseres Projekts in Nairobi (Kenia) im Anschluss an die Feldforschung in Tansania wird mir in guter Erinnerung bleiben.

Musik und Film in Tansania

Die Zeit in Tansania habe ich in mehreren kleineren Städten verbracht. Dort interviewte ich, gemeinsam mit meinen langjährigen Forschungsassistenten Nginjai Paul Moreto und Azizi Matiga, zahlreiche junge Künstler und übersetzte deren Liedtexte aus dem Swahili ins Englische. Der Fokus meines Projekts, das ursprünglich vor allem auf die Beschäftigung mit der auf Hip-Hop basierenden Musikform Bongo Flava ausgerichtet war, hat sich im Zuge der Tansania-Aufenthalte etwas verschoben. Mir wurde schnell klar, dass das Medium Film in den vergangenen drei Jahren in Tansania rapide an Bedeutung gewonnen hat – einerseits durch die Produktion eigener Videospielfilme auf Swahili, andererseits durch die Übersetzung amerikanischer, indischer und chinesischer Filmproduktionen ins Swahili. Die Beschäftigung mit diesem Teil der populären Kultur hat wiederum meinen Blick auf das Genre Musik, zu dem zahlreiche Parallelen bestehen, geschärft. Meine Thesen kann ich hier immer wieder im Rahmen von Workshops des Projekts vorstellen und gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen, die, aus anderen Disziplinen kommend, sich mit Kultur in Tansania beschäftigen, weiterentwickeln.

Französisches „Savoir-vivre“

Um mein Französisch schneller aufzufrischen und auch abseits der Arbeit Kontakt zu Einheimischen zu haben, wohne ich mit zwei Französinnen in einer Wohngemeinschaft. Das macht Spaß und unser Appartement liegt mitten im Zentrum von Bordeaux – was es uns ermöglicht, die Stadt so richtig zu genießen. Gleich ums Eck ist der „Marché des Capucins“, wo es jeden Vormittag frisches Gemüse und Fisch zu kaufen gibt. Neben dem Programmkino „Utopia“, das in einer ehemaligen Kirche untergebracht ist, haben sich die „Bandes Dessinées“-Abteilungen der hiesigen Buchhandlungen zu meinen Lieblingsorten entwickelt. Am Wochenende ergänzen Ausflüge in die umliegenden Weingegenden oder an den Atlantik das Stadtleben. Manchmal bringen auch ein paar frische Austern genossen am Ufer der Garonne, das Meer in die Stadt. In jedem Fall zählt das herrliche Essen hier zu den Highlights des Aufenthalts. Nach meiner Zeit in Bordeaux werde ich noch für zwei Monate mit einem „Erasmus Mundus Global Studies“-Stipendium für Lehrende an der Dalhousie University, Kanada, unterrichten. Darauf freue ich mich schon, denn so schön es auch ist, viel Zeit für die eigene Forschung zu haben, geht mir der Kontakt mit den Studierenden
doch ab. Zu meinen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Afrikawissenschaften in Wien habe ich immer guten Kontakt gehalten und nach meiner Rückkehr verbleiben mir an der Universität Wien noch sechs Monate als Assistentin. Ob ich danach meine Auslandserfahrung weiterhin in die österreichische Afrikaforschung einbringen kann, ist aufgrund des derzeitigen Universitätssystems allerdings leider mehr als ungewiss.

Kommentare (0)

Aktuell sind keine Kommentare für diesen Artikel vorhanden.

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert