Wenn du das Wetter erträgst, ist es hier wirklich genial.“ Diesen und ähnliche Sprüche kann man im Bezug auf Edinburgh ziemlich oft hören. In Wahrheit ist es gar nicht so schlimm, aber eben anders. Sich auf diese und andere (kulturelle) Umstände einstellen zu können ist, denke ich, eine wichtige Voraussetzung für jeden Wissenschafter. Ich bin seit Oktober 2008 hier an der University of Edinburgh in der Arbeitsgruppe von Robin Allshire, wo ich mit der Hefe Schizosaccharomyces pombe an der Aufklärung der Struktur von Centromeren arbeite. Die Entscheidung, ins Ausland zu gehen, fiel etwa ein Jahr zuvor, nachdem auch meine Frau dieser Möglichkeit positiv gegenüberstand. Da ich unheimlich schlecht in Fremdsprachen bin, kamen nur englischsprachige Länder in Erwägung (wobei man diskutieren kann, ob in Schottland tatsächlich Englisch gesprochen wird).
Der Themenbereich Chromatin und schließlich die Publikationsliste dieser Gruppe sprachen für sich. Während der Teilnahme an einer „Fungal Genetics
Conference“ hier in Edinburgh habe ich dann ein Vorstellungsgespräch bei Allshires Gruppe absolviert, der Rest ist Geschichte. Der Hauptunterschied zur Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), an der ich Studium und Doktorat bei Joseph Strauss absolviert habe, ist die Größe des Instituts bzw. der Uni selbst, was sich stark auf die Infrastruktur und die Bürokratie auswirkt. Abgeblockt durch unseren Lab-Manager, berührt mich die Bürokratie kaum, und ich kann die Vorzüge der Infrastruktur, den Zugang zu Techniken und Geräten, bestens nützen. Weiters bin ich an meinem Arbeitsplatz als Ausländer nicht in der Minderheit und habe so direkten Kontakt zu Menschen und deren Kulturen aus aller Welt. So hat jeder eine bevorzugte Arbeits- und Lebensweise und man lernt schnell, diese zu akzeptieren und auch teilweise zu verstehen. Zumindest auf mich wirkt eine derartige Umgebung inspirierend. Als meine Frau und ich hier ankamen, schlug der Credit Crunch gerade voll ein und die lokalen Medien verbreiteten Weltuntergangsstimmung. Da auch der Wellcome Trust, jene Stiftung, welche das Institut (Wellcome Trust Center for Cell Biology), in dem ich hier arbeite, unterhält, stark betroffen war, war diese Spannung auch am Institut zu spüren. Trotzdem konnte ich mich gut einarbeiten und muss sagen, dass ich mich hier sehr wohl fühle.
Das Essen in unserer Mensa hier ist durchaus vergleichbar mit jenem an der BOKU Muthgasse, und nur wer dort einmal war, kann nachvollziehen, wie
schrecklich es ist; aber ich übertreibe ein bisschen, so schlimm ist es hier nicht. Ansonsten ist Edinburgh eine sehr angenehme, gemütliche Stadt mit vielen Pubs, Restaurants und kulturellen Veranstaltungen, wobei das Fringe-Festival heraussticht, bei dem im August verschiedenste Künstler (Comedy, Tanz, Musik und Theater) auftreten. Zum Thema Kultur möchte ich noch ein paar Worte verlieren. Sobald ich mich hier in Schottland ein bisschen eingelebt hatte (und gelernt habe, schottisch halbwegs zu verstehen), wurde mir schnell bewusst, dass, obwohl Großbritannien europäisch ist, es doch deutliche Unterschiede zu Österreich gibt. Ich persönlich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, diese Unterschiede bewusst nicht zu werten, sondern einfach zu respektieren. Ich denke, als Wissenschafter muss man zur Kenntnis nehmen, dass man nicht alles auf Anhieb versteht, und das trifft wohl im Besonderen auf das Verhalten von Menschen im Generellen und von Schotten im Besonderen zu.
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