Unterwegs

Grüezi miteinand!

Katrin Wlcek
Katrin Wlcek unterwegs in Zürich Quelle: Wlcek
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Die Entscheidung, nach einer Postdoc-Stelle im Ausland Ausschau zu halten, fiel in etwa ein Jahr vor Abschluss meiner Dissertation an der Fakultät für Lebenswissenschaften (Pharmazie) in Wien. Ich war knapp vor dem 30er und wollte in der Forschungswelt mehr als nur Heimatlaborluft schnuppern. Die Entscheidung, wo ich denn hin wollte, ergab sich eigentlich wie von selbst. Für ein Teilprojekt meiner Dissertation bekamen wir Hilfe aus der Forschungsgruppe von Professor Bruno Stieger in Zürich, den ich dann auch persönlich bei einem Meeting kennen lernte. Dieser erste Eindruck war entscheidend und mein Bauchgefühl sagte mir, dass das die richtige Person für meine Pläne sei. Ich zögerte also nicht und fragte, ob eine Postdoc-Arbeit bei ihm in der Forschungsgruppe möglich wäre. Von da an nahm alles seinen Lauf. Wir blieben in Kontakt, besprachen mögliche Forschungsschwerpunkte, und ich versuchte für mein endgültiges Projekt, „Identification and molecular characterization of drug metabolite transporters in the endoplasmic reticulum of hepatocytes“, eine
Finanzierung zu organisieren. Wie man hier lesen kann, mit Erfolg.

Ankommen in der fremden Stadt

Vom Universitätsspital Zürich bekam ich die Möglichkeit, anfangs in einem Personalwohnheim unterzukommen. Das erleichterte den organisatorischen Teil entscheidend. Die Wohnungssuche in Zürich ist an sich schon eine Herausforderung, und wenn man nicht vor Ort ist, eigentlich fast unmöglich. Schneller als gedacht saß ich mit dem Wichtigsten meiner Habseligkeiten in meinem Zimmer in Zürich. Mit fünf weiteren Mädels teilte ich mir, wie in einer großen WG, ein Stockwerk mit Küche/Bad/WC. Dadurch lernte ich viele nette Leute kennen, was für einen Start in einer fremden Stadt genau das Richtige war. Ich muss zugeben, dass es mir anfangs schwerfiel, mich so mutterseelenallein wohl zu fühlen. Noch keine Freunde, die ich einfach anrufen konnte, um sich auf ein Pläuschchen zu treffen. Obwohl ich in Wien eigentlich auch sehr viel alleine unterwegs war, war das dann doch etwas anderes. Aber wie sagt man so schön: „Was einen nicht umbringt, macht einen nur härter“, und Aufgeben stand sowieso nicht zur Debatte.

Bürokratische Lektionen

Wie ich feststellen musste, trifft das auch auf den bürokratischen Hürdenlauf zu, der mehr als einmal meine Nerven auf die Probe stellte. Wie zum Beispiel versichert man sich gegen Betriebsunfälle, wenn man offiziell als nicht erwerbstätig gilt? Die Krankenkasse meinte dann noch zusätzlich, sie könne mich nicht gegen Unfälle versichern, da ich als Wissenschafterin in einem Labor zu vielen Risiken ausgesetzt sei. Die Weiterführung der Pensionsversicherung erwies sich ebenfalls als langwieriger und vor allem komplizierter Prozess. Aber wie bekannt ist, führen nicht nur die Wege der Kardinäle des päpstlichen Konklaves nach Rom. Nach eineinhalb Jahren Bearbeitung mit vorangegangener Versendung aller Inskriptionsbestätigungen meiner zwölfjährigen Universitätslaufbahn war aber dann auch für meine Pension vorgesorgt. Mit der Zeit spielte sich alles ein. Nach meinem ersten halben Jahr hier begann ich mich etwas zu relaxen und nach einem Jahr begann ich mich in Zürich zu Hause zu fühlen. Das lag vermutlich auch daran, dass ich meine eigene kleine Wohnung hier bezog und es genoss, nicht mehr Küche, Bad und WC mit jemand teilen zu müssen.

Kontakthalten mit Daheim

Mit Familie und Freunden Kontakt zu halten, ist heutzutage mit Skype natürlich kein Problem mehr. Damit lassen sich ausgiebigst alle Neuigkeiten austauschen. Allerdings entdeckte ich den Reiz der guten alten Post wieder. Es gibt doch nichts Schöneres, als Postkarten, Briefe und Päckchen zu bekommen und natürlich auch selbst zu verschicken. Wer bekommt heutzutage noch per Post eine Geburtstagskarte zugeschickt? „Die Post bringt schließlich jedem etwas.“ Die Frage ist nur, wann, denn bei Paketen habe ich manchmal das Gefühl, dass die noch per pedes zugestellt werden. Eine tolle Erfindung in Zürich ist, dass kleinere Päckchen
in einem Fächlein unter dem eigenen Briefkasten hinterlegt werden. Bis ich das allerdings herausfand, dauerte es etwas und mein erstes Päckchen war schon fast festgefroren, als ich es entdeckte. Weil meine Schwester selbst so begeistert von diesem Fächlein ist, achtet sie stets darauf, dass ich ab und zu ein kleines Päckchen darin finde. Verhungern wird mein Briefkasten also jedenfalls nicht. Dafür sorgen nicht nur die zu zahlenden Rechnungen, sondern auch die vielen Karten und Briefe von daheim. Wer im Moment den Rekord im Postkartenschreiben hält, ist schwer zu sagen.

Von anderen lernen

Was meine Forschungsarbeit betrifft, enttäuschte mich mein Bauchgefühl nicht. Nette Arbeitskollegen, ein spannendes Projekt und ein wirklich tolles Arbeitsklima bestätigen mir, dass es die richtige Entscheidung war. Aber auch die Stadt Zürich selbst erleichtert es mir, mich hier wohl zu fühlen. Nicht umsonst
ist sie eine der Städte mit höchster Lebensqualität: die Lage am See, das Panorama der Alpen am Horizont, Sprünglis „Luxemburgerlis“ und „Chäsfondues“ tragen das ihre dazu bei. Es empfiehlt sich, die Waage daheim zu lassen oder so wie ich täglich mit dem „Velo“ in die Arbeit zu fahren: am Waldesrand entlang vorbei an Schafen, mit dem morgendlichen Krähen des Hahns, und wenn ich Glück habe, mit dem Blick auf die Westalpen. Auch wenn ich Wien sehr zu schätzen gelernt habe, das kann es nicht bieten.

Abgesehen vom Forschungsaustausch ist der kulturelle Austausch ebensoviel wert. Andere Bräuche und Traditionen kennen zu lernen, ist genauso spannend wie die Forschung an meinem Postdoc-Projekt. Eines meiner Lieblingsereignisse im Zürcher Kalender ist das „Sächsilüüten“ Anfang April. Nach einem Umzug der Zünfte wird am Sechseläutenplatz, unweit von der Oper, auf einem gigantischen Scheiterhaufen der „Böögg“ (ein Schneemann) verbrannt. Je nachdem, wie lange es dauert, bis dem Schneemann der Kopf mit einem lauten Knall wegfliegt, wird es ein guter oder schlechter Sommer. Der arme Schneemann! Ich bin schon gespannt, wie die Aussicht auf den Sommer 2013 wird. Eines kann ich aber schon voraussagen: Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten in administrativen und emotionalen Angelegenheiten will ich meine Zeit hier in Zürich nicht missen. Neu gewonnene Freundschaften und Perspektiven werden mich noch lange begleiten. Die Forschungserfahrung, die ich im Zuge meines Erwin-Schrödinger-Stipendiums im Ausland sammeln darf, sehe ich als eine großartige und nicht selbstverständliche Chance. Meine Arbeit in einer Forschungsgruppe von hoher wissenschaftlicher Reputation bietet mir eine einzigartige Möglichkeit, mich in der naturwissenschaftlichen Forschung weiterzuentwickeln.

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